Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

die Trennung in politische und Genossengemeinde. Die Genossenge- meinde sollte aus allen am Gemeindeeigentum voll Berechtigten be- stehen. Das Bürgerrecht der politischen Gemeinde sollte allen Genos- senbürgern sowie allen haushäblich oder mit Beruf oder Gewerbe auf eigene Rechnung in der Gemeinde Niedergelassenen — das heisst auch den vermöglichen Hintersassen — zustehen. Bürger der politischen Gemeinde, welche die Mittel für ihre Familie oder zur Bezahlung ihrer Schulden nicht mehr aufbrächten, sollten freilich das Bürgerrecht ver- lieren und kurzerhand aus der Gemeinde weggewiesen werden können. Diese harte Bestimmung widersprach allerdings der im Verfassungs- entwurf von 1848 garantierten freien Niederlassung. Jene Zwischen- stufe der «Gemeindeangehörigen», die in der Gemeinde zwar das Heimatrecht, nicht aber das Mitbenützungsrecht am Genossenvermögen besassen,58 sollten nun neben den politischen Rechten das Recht auf vollen Einkauf, jedenfalls aber auf Armenfürsorge erhalten. In den Geschäftsbereich der politischen Gemeinde sollten die Polizei, das Erb- schafts- und Waisenwesen, die Schuldbetreibung, die Schul- und Kirchen- verwaltung — insbesondere die Wahl der Lehrer, des Schulrates und, wo die Gemeinde das Patronatsrecht innehatte, auch des Pfarrers — , dann die Rechtspflege im Vergleichswege, in minderen Vergehen und in Streitsachen unter 25 Gulden fallen. Der Genossengemeinde sollte die Verwaltung des Gemeindevermögens, besonders dessen un- geschmälerte Erhaltung, dann die Armenfürsorge und die Pflege der Rheinwuhre, der Dämme, Wege und Gräben und des Waldes obliegen. Da die Erfahrung gezeigt hatte, dass bei den Aufteilungen von Ge- meindeboden unter die Vollbürger59 das neue Eigentum allzu rasch mit Schulden belastet wurde, setzte man im Entwurf fest, dass kein Ge- meindeboden mehr ins Eigentum der Bürger verteilt, sondern derselbe nur mehr zur zeitweiligen Benutzung überlassen werden sollte.60 vgl. Büchel, Gemeindenutzen, S. 70 ff.; Quaderer, S. 47 ff., 69 ff., 181 ff. Malin, S. 104 f. 58 Siehe oben S. 113. 59 Zu den bedeutenden, mit dauernden Streitigkeiten verbundenen Gemeinde- bodenaufteilungen im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jh. siehe die .ausführliche Darstellung bei Büchel, Gemeindenutzen, S. 21 — 57. 60 " Den Einwand, dass die nur zur Benutzung verteilten Grundstücke nicht verbessert und gepflegt würden, wies man als unzutreffend zurück, weil 170
	        

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