Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

auf, die Vereinigung kleinerer Staaten unter sich oder mit grösseren Staaten, «da wo die Wünsche der Bevölkerung sich deutlich dafür aus- sprechen, auf dem Wege der Übereinkunft zwischen den betreffenden Regierungen und Volksvertretungen» zu vermitteln.76 Im Verzicht auf die zwangsweise Mediatisierung lag eine Anerkennung des Selbstbe- stimmungsrechts der einzelnen Länder.77 Das Ergebnis wurde noch durch die Beratungen über das Staatenhaus, die obere Kammer in der Reichslegislative, bestätigt. Ursprünglich war eine Zulassung Liechten- steins zum künftigen Staatenhaus geradezu eine Provokation genannt worden.78 Nun aber beschloss die Versammlung, den kleinen Staaten in Gruppen die gemeinsame Wahl von Vertretern zum Staatenhaus zuzugestehen; Liechtenstein sollte zu diesem Geschäft allerdings mit einem österreichischen Wahlkreis verbunden werden.79 Der Entscheid, von einer zwangsweisen Mediatisierung abzusehen, bedeutete aber auch, dass das meiste in den Verhältnissen Gesamt- deutschlands beim alten bleiben würde. Die Vermittlungspolitik der Reichszentralgewalt traf überall auf Widerstand. Vor allem hielt Preus- sen seine schützende Hand über die Kleinstaaterei, da es die Vergrösse- rung der mittleren deutschen Länder seinen Interessen zuwiderlaufen sah.80 Für Liechtenstein war die Gefahr der Mediatisierung allerdings trotzdem noch nicht ganz gebannt."In den folgenden Monaten erhob sich nämlich die beklemmende Frage, ob nicht der Druck der wirt- schaftlichen Verhältnisse das Abgewendete schliesslich doch erzwingen müsse.81 Die Aussichten lauteten ungünstig, äusserte doch der Verfas- sungsausschuss der Nationalversammlung in seinem Bericht vom 27. 76 Ebda., S. 3841. 77 Dieses Prinzip hatte Peter Kaiser für Liechtenstein im März 1848 in einem für den Fürsten bestimmten Adressentwurf ausgesprochen: « . . dass wir nie gegen unsern Willen uns vertauschen oder verschieben lassen, oder irgend einem andern Wechsel uns unterziehen . . . Wir nehmen alle die Rechte in Anspruch, welche, zumal in ausserordentlichen Fällen, jedem Volke, sei es klein oder gross, unmittelbar zukommen, und behalten sie uns vor.» LRA Schädler Akten ad 265, fol. 3. 78 So Beseler am 14. Okt. 1848 im Verfassungsausschuss der Nationalver- sammlung, vgl. Hübner, S. 36 f., 53. 79 Hübner, S. 53 ff. 80 Huber II, S. 796. 81 Siehe unten S. 146 ff. 140
	        

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