Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

einzusetzen.29 Zu diesem Zeitpunkt, anfangs September 1848, hatte Kaiser die Möglichkeit zur Republik schon gänzlich fallengelassen. Fürst Alois stand nicht an, Kaisers Gesinnungen in einem vertrau- ensvollen Antwortschreiben zu würdigen. Er bat ihn, auf die Ersparung übertriebener Bundeskosten hinzuwirken und seine Mitbürger von je- der Trennung von Deutschland abzuhalten, da daraus nur Unglück erwachsen müsste; vielmehr möge er sie bewegen, den Anforderungen der Zentralgewalt bereitwillige Folge zu leisten, um grössere Lasten zu vermeiden. Zugleich legte er seine Haltung zur Frage der Selbständig- keit seines Landes dar: « . . nicht der Werth, den die Stellung eines Sou- verains haben kann, könnte mich bestimmen, ernstlich aufzutreten zur Wahrung der Unabhängigkeit des Fürstenthums, was ich dafür .thun kann, geschieht nur, weil ich glaube, dass das Land selbst Werth legt auf seine Selbständigkeit.«30 Den liechtensteinischen Fürsten konnte der Vorwurf des «Souveränitätsschwindels»31 gewiss nicht treffen.32 Interessanterweise trat Kaiser in der Paulskirche für eine starke, un- abhängige deutsche Zentralgewalt ein. Er stimmte für die Unverant- wortlichkeit des Reichsverwesers,33 und zur Rettung des Ansehens der Zentralgewalt stimmte er auch gegen die Ratifikation des von Preussen von sich aus mit Dänemark abgeschlossenen Waffenstillstandes von Malmö.34 «Es ist meine feste Überzeugung: wenn etwas Deutschland vor dem drohenden Abgrund, an dem es steht, retten kann, so ist es die Centraigewalt und ich muss die Verblendung der Regierungen bekla- 29 Peter Kaiser an Fürst, 6. Sept. 1848, HK 1848/11048. 30 Fürst an Peter Kaiser, 6. Nov. 1848, HK 1848/11048. 31 So Beseler am 19. Okt. 1848 in der Nationalversammlung, Verh. Nat.Vers., S. 2722. — Bismarck äusserte sich in einem Schreiben vom 18.' Sept. 1861 an von Below-Hohendort bitter über den «ganz unhistorischen, gott- und rechtlosen Souveränitätsschwindel der deutschen Fürsten»; zit. nach Hüb- ner, S. 11 Anm. 3. — Siehe im folgenden auch Peter Kaisers Klage. 32 Alois II. äusserte einige Jahre später sogar, dass er es «als ein Glück an- sehen würde, wenn . . . die kleineren Staaten auf jenes Mass der Unab- hängigkeit zurückgeführt, d. h. beschränkt würden, welches sie zu ertragen und mit Würde zu tragen fähig sind.» Fürst an Holzhausen, 2. Mai 1851, HKH1691. 33 Verh. Nat. Vers., S. 606 ff. 34 Ebda., 16. Sept. 1848, S. 2149 ff. 131
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.