Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

bevollmächtigte Holzhausen bei der Zentralgewalt18 und liess im Für- stentum die Einsetzung der Zentralgewalt kundmachen,19 womit er sie anerkannte. In der Wahl des Reichsverwesers erblickte Kaiser das wichtigste Recht, das sich das Volk errungen: «Das Volk hat also das Wahlrecht und es kann auch einen Bürgerlichen an die Spitze stellen.»20 Dies über- trug er auch auf die liechtensteinischen Verhältnisse: Durch ihn hatten auch die Liechtensteiner bei der Wahl des Reichsverwesers ihr Wahl- recht ausgeübt und, so folgerte er in einem Schreiben vom 5. Juli an Karl Schädler, «wenn sie den Reichsverweser zu wählen die Freiheit und das Recht haben, warum sollen sie nicht ihre Obrigkeit (mit Aus- nahme des Fürsten) auch wählen dürfen.»21 Die allgemeine Entwick- lung schien Kaiser deutlich zur Republik zu führen. Die in wirtschafts- politischer Hinsicht so ungünstige Grenzlage des Ländchens erschien in dieser Perspektive als Vorteil: «Ich habe hier mit vielen gesprochen und sie meinen: wir sollen eine Republik machen. Aber das geht nicht so leicht und das Volk müsste einig und fest sein, sonst bekämen wir es nur schlimmer.» Den rechten Augenblick, «um durchzusetzen, was frommt und recht ist», hielt Kaiser für Liechtenstein noch nicht für gekommen.22 Peter Kaiser spielte in diesen Wochen offensichtlich mit dem republikanischen Gedanken. Für den künftigen deutschen Bundes- staat wünschte er ohnehin eine republikanische Leitung.23 Von Rück- sichten auf die Dynastie findet sich in seinen Überlegungen nichts. Doch sah er ein, dass nicht nur die Zeit für eine liechtensteinische Republik nicht reif war und das Land seines einflussreichen und wohltätigen 18 Der Fürst wollte gerade jetzt die Interessen des Landes nicht unvertreten lassen; Holzhausen an Fürst, 6. Juli 1848; auf diesem Schreiben Entwurf des Fürsten vom 23. Juli 1848 zur Bevollmächtigung Holzhausens, HK 1848/8728 (7534). 19 Hofkanzlei an Regierungsamt, 24. Juli 1848, HK 1848/8728 (7936). 20 Peter Kaiser an Rentmeister Rheinberger, den er mit «Freund» anspricht, 22. Juli 1848, LRA Peter Kaiser Akten. 21 Peter Kaiser an Karl Schädler, 5. Juli 1848, ebda. — Die unmittelbare Folge dieser im Lande bekanntgewordenen Auffassung war freilich die bereits besprochene, erneut aufflackernde Agitation gegen die Beamten; Menzinger an Fürst, 27. Juli 1848, HK 1848/8559 (8332 u. 8333); siehê oben S. 87 f. 22 Siehe oben Anm. 20. 23 Ebda. 129
	        

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