Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1970) (70)

Kaisers Entwurf war mehr auf Behütung von Rechten und.Freihei- ten des Volkes gerichtet; der Beamte Oehri fragte weniger nach philo- sophischer und historischer Begründung, sondern nach der politischen Zweckmässigkeit: «Es- handelt sich zum Glück des Landes nicht um eine schöne papierne Verfassung (,) als vielmehr um einen wirklich lebensfähigen gesunden Staatskörper.»44 Während Peter Kaiser über die volksgewählten Verfassungsräte, die alle den Märzausschüssen ange- hört hatten, auf das Verfassungsschaffen einwirkte, fanden Oehris An- schauungen über den Landesverweser in manchem Eingang. c) Der Entwurf des Verfassungsrates Dem Verfassungsrat oblag nun die nicht leichte Aufgabe, ein Ver- fassungswerk zu schaffen, das im Sinne der Volkswünsche wie im Rah- men der fürstlichen Zusagen lag. Die Verfassungsräte machten sich weitgehend Kaisers Entwurf zu eigen, einzig Menzinger wirkte gegen die demokratischen Tendenzen desselben. Das gelang ihm auch teil- weise dank Kaisers Abwesenheit. Er schrieb zwar am 8. Juli 1848, als er Kaisers Entwurf nach Wien sandte, er sei keineswegs gegen eine freie Verfassung/der Fürst selber wolle ja eine solche: «Aber der Fürst soll auch Fürst bleiben, es sollen ihm seine Rechte, die nie zur Bedruckung des Volkes angewendet worden sind, unverkümmert belassen seyn. Fürst und Volk müssen sich ihre Jntegerität verfassungsgemäss gewäh- ren und sichern, sonst ist der Erstere nur Namensträger, und das Letz- tere das Opfer aristokratisch republikanischer Schwindler und constitu- tioneller Tirannen.»45 Dennoch besass Menzinger dank seiner Rechts- kenntnisse das Vertrauen der übrigen Verfassungsräte, die ihm sogar 43 Dies zeigt auch sein Grundrechtskatalog im Entwurf, der neben den politi- schen Rechten die Gleichheit vor dem Gesetz, die Freiheit der Person, des Eigentums, der Ausbildung und des Gewerbes und die Versammlungsfrei- heit umfasste; die Religionsfreiheit fehlte wie bei Kaiser. Oehri sah dane- ben vorbeugende Massnahmen gegen den Missbrauch der Freiheiten vor. Er sprach aber auch die Fürsorgepflicht des Staates aus; Entwurf, siehe oben Anm. 35. 44 Bemerkungen, siehe oben Anm. 34. 45 Menzinger an Dr. Mayer, 8. Juli 1848, LRA C/3; Menzinger an Fürst, 10. Okt. 1848, HK 1863/10370 (1848/10717), Separatbemerkungen. 105
	        

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