Für diese Art von Fassadenschmuck kennen wir Parallelen vor allem in Graubünden. Sie werden dort in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts datiert, so in Zuoz (1542), in Bergün/Bravuogn (1554) und Pignia-Bad (1550).17 Aus der ersten Bauperiode konnten auch noch andere Details be- obachtet werden. Über den Fenstern des ersten Baues lagen weitge- spannte Bogen von aneinandergereihten, eingeritzten Rauten, die oben und unten eine Linie begleiteten; an den Seiten der Fenstergesimse zo- gen feine Linien (Abb. V). Bei dieser Art von Fassadenschmuck handelt es sich um eine Vorform der Sgraffitotechnik: schlichte Ritzzeichnungen in einer glattverputzten Fassade. Farbe füllte vielleicht die Binnen- formen. In Graubünden kann eine ähnliche Art von unverbindlicher Fassa- dendekoration an der Sennerei in Grevalavas nachgewiesen werden.18 Bogen und Zickzackmuster als Häuserschmuck sind ferner für das 16. Jahrhundert in Guarda und Alvaneu nachgewiesen.19 In die gleiche Zeit lassen sich die sichergestellten Ornamente an den Rundbogenfenstern verweisen, welche in der Westfront den Estrich be- lichten. Die ungekehlten Rundbogenfenster bekränzen aneinanderge- reihte graue Kreisscheiben. Man darf in ihnen einen Verweis auf spät- gotische Zier sehen. Dreiecke mit Halbkreisscheiben zieren in Bergün/ Bravuogn einen Torbogen;20 ferner sind für das Jahr 1560 in Schleuis und Pigna derartige Ornamente bezeugt, für 1566 in Mathon, für 1576 in Alvaneu, für 1581 in Poschiavo und für 1601 in Fuldera.21 Die goti- sche Sakristeitüre in St. Justus in Flums und das darüber angebrachte Wandbild einer Pietä rahmen ebenfalls gereihte Kreisscheiben.22 Nach all dem kann man den ersten Bau wie folgt umschreiben: über einem Rechteck von 10,40 Metern Breite und 15 Metern Länge er- 17 Simonen Christoph, 1. c., II. Bd. Basel 1968, 133 ff. 18 Simonett Christoph, 1. c., II. Bd., p. 112, Abb. 322. 19 Simonett Christoph 1. c., II. Bd. p. 131." 20 Simonett Christoph, 1. c., II. Bd. p. 114 f., Abb. 331. 21 Simonett Christoph, 1. c., II. Bd. p. 131, Abb. 378. 22 Freundlicher Hinweis von Architekt Hans Rheinberger. Vgl. Erwin Rothen- häusler, Die Kunstdenkmäler des Kantons St. Gallen, I. Bd. Basel 1951, p. 37, Abb. 22. 230