Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1968) (68)

wurde am Morgen «kühwarm» eingefüllt und hat sich lange warm ge- halten. Am Kübel angehängt war ein meist rotes Säcklein, aus einem Schnupftuch gemacht, das Brot für den ganzen Tag enthielt. Zu Mittag hat man aus dem Kübel getrunken und dazu Brot geges- sen, gelegentlich auch zwischenhinein. Besteck brauchte man zu diesen Mahlzeiten keines. Das Türkenbrot wurde im Hause gebacken, immer etwa 12 — 15 Laibe auf einmal. Das Mehl kaufte man im Land unten. Mein Vater lieferte z. B. Kübel und Eimer nach Balzers und tauschte dafür Türken- mehl ein. Im Sommer ging ich auf die Alpen, um schadhafte Butterfässer, Eimer und Brenten zu flicken. Alles, was wir in unserer Werkstätte anfertigten, war Gebrauchs- geschirr. Es wurde nie mit Verzierungen geschmückt und fast aus- schliesslich für die Milchverarbeitung in den Alpen verwendet. Ins Tal hinunter wurde wenig verkauft. Der Verdienst war bescheiden. Ein Eimer kostete in den Dreissiger- jahren vier Franken. Beim Kübel wurde der Preis nach dem Inhalt fest- gesetzt. Er betrug pro Liter etwa drei Franken. Ein kleiner Kübel, an dem man zwei Tage arbeitete, kam auf 15 bis 20 Franken zu stehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Küblerwaren sehr billig aus Österreich, hauptsächlich aus Laterns, eingeführt. Ich schaffte eine elek- trische Bandsäge und eine Hobelmaschine an. Trotzdem war das Ein- kommen so klein, dass ich davon nicht leben konnte. Mein Einmann- betrieb war nicht mehr konkurrenzfähig. Eine Zeitlang habe ich noch eingeführte Küblerwaren verkauft. Der Bedarf ging aber bald stark zurück. Blech und besonders Kunststoffe verdrängten das Holz. Die Milchverarbeitung auf den Alpen selbst änderte sich durch die Ein- führung der Zentrifuge. Man «stellt» die Milch nicht mehr in den Bren- ten. Heute bringt man sie zum grossen Teil zur Verarbeitung ins Tal. Holzstanden brauchte man früher häufig zum Einsulzen des Schwei- nefleisches vor dem Räuchern oder um das Kraut einzumachen. Heute ist die «Husmetzgati» zur Seltenheit geworden, und meist kommt das Fleisch nicht in den Kamin, sondern ins Kühlfach. Es wurde mir klar, dass sich mein Handwerk überlebt hatte und nicht mehr in die neue Zeit passte. Ich musste mich nach einer anderen Beschäftigung umsehen. Heute bin ich Alpenbriefträger. 118
	        

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