Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1967) (67)

Das arme Passland wurde von den Grossmächten umworben, die in ihrem Ringen um die Vormacht in Europa zwei Interessenrichtungen verfolgten: Die Werbung von Kriegsknechten und den freien Durchzug über die Alpenpässe. Bündnisse mit Frankreich und Venedig einerseits, mit Österreich und Spanien andererseits wurden geschlossen, und im- mer waren sie mit der Zahlung von Pensionen und Dienstgeldern an einflussreiche Familien verbunden. Die beiden Richtungen fanden Ver- fechter unter den Politikern, und Strafgerichte fanden statt, welche die Anhänger der gerade unterlegenen Partei verurteilten, nicht nur zu un- erhörten Geldbussen, sondern auch zum Tode. Zwei zeitgenössische Bündner Historiker sind uns Zeugen von der Verderbtheit der Politik jener Zeit. Fortunat von Juvalta schreibt in seinen «Denkwürdigkeiten»: «Eine zwiefache Pest hatte die öffentlichen Angelegenheiten und die gesamte Verwaltung Graubündens ergriffen, die Ämtererschleichung und die Habsucht. Anfangs im Verborgenen schleichend, nahmen sie durch Straflosigkeit und träge Nachsicht der Oberbehörden schliesslich derart überhand, dass sie fast den ganzen Staatskörper ansteckten und verderbten». Und Ulysses von Salis-Mar- schlins, Protestant wie Juvalta und Parteigänger Frankreichs, schreibt vom «übel unterrichteten und aufrührerischen Volke und seinen bitter verfeindeten Richtern», von der «Unbeständigkeit und Narrheit des Volkes, das bei seinen Unruhen der mannigfachsten Vorwände sich be- diente, um angesehene, ihm unbeliebige Personen zu verurteilen». An anderer Stelle tadelt er: «Seltsam ist es, dass die Gier der einflussreich- sten Personen einer demokratischen Republik so weit gehen kann, von fremden Personen Geld zu nehmen, und wäre es auch nur eine kleine, elende Jahrespension oder eine unbedeutende militärische Stelle». Verbote der Geldannahme wurden zwar gelegentlich beschlossen, aber sie setzten sich so wenig durch wie die Erkenntnisse angesehener Mitbürger. Nach dem Vertrag mit Venedig verurteilte im Jahre 1607 ein Strafgericht die Anhänger dieses Bündnisses zu hohen Strafen und sogar den Geschichtsschreiber Johann Guler zum Tode, aber noch im gleichen Jahre wandte sich das Blatt: Der österreichische Landvogt auf Castels, Georg Beeli von Beifort, und Hauptmann Kaspar Baseglia wur- den als Anhänger der spanisch-österreichischen Partei gefangengenom- men, gefoltert, zum Tode verurteilt und hingerichtet. 74
	        

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