Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1965) (64)

Die Leibeigenschaft und ihre Aufhebung von Otto Seger Immer wieder stossen wir in unserer Geschichte auf den Begriff der Leibeigenschaft, und es soll in dieser Skizze versucht werden, Um- fang und Dauer dieses Verhältnisses zwischen Herrschaft und Volk zu untersuchen. Der Begriff Leibeigenschaft wird in deutschen Gebieten seit dem Spätmittelalter verwendet, und das Wort «Leibeigner» ist eigentlich eine Übersetzung des lateinischen Ausdruckes «homo proprius de corpore». Wir können heute nicht mehr erkennen, wie das Rechtsverhältnis der Leibeigenschaft in unserem Lande entstanden ist. Das Brandisische Urbar von 1507 beschränkt sich auf die Besitz- und Ertragsverhältnisse herrschaftlichen Gutes und enthält nichts über das Rechtsverhältnis der Bewohner; das Steuer- oder Legerbuch des Jahres 1584 führt alle Untertanen als steuerpflichtig an, auch die Triesenberger. Im Hohen- emser Urbar des Jahres 1613 aber ist klar und eindeutig festgelegt: «Ein jeder, der in dieser Herrschaft haushäblich wohnet, der ist oder wird der Herrschaft leibeigen». Unser Land ist also ein Gebiet, in dem nach dem Grundsatze «Luft macht eigen» jeder Bewohner zum Leib- eigenen wird. In einem Urbar der Grafschaft Vaduz, das aus dem Jahre 1609 stammt, als der letzte Graf von Sulz sich zum Verkaufe entschloss und das sich «Anschlag der Eigentumblichen Freyen Reichsgrafschaft Vadutz» nennt (vgl. meine Arbeit «Aus der Zeit des Herrschaftsüber- ganges von Brandis zu Sulz und von Sulz zu Hohenems, Jb. 60, S. 57 ff) wird eine interessante Differenzierung gemacht. Die Bewohner der Ge- meinden mit Ausnahme von Triesenberg werden als «leibeigene Leut» bezeichnet, von diesen aber heisst es wörtlich: «Die Triesenberger geben keine Leibhühner und sind frei zügige Walser, dargegen aber sind sie Steuer, Reichsanlagen, Fron und andere Dienstbarkeiten zu tun, 145
	        

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