Anhane II: Gedichte Kaiser war gewiss kein bedeutender Poet, was aber nicht verhin- dert, dass seinen Gedichten eine gewisse Bedeutung zukommt. Münch sagt, sein ganzes Leben in Freiburg habe sich in drei wesentlich ver- schiedene Richtungen geteilt, eine romantische, eine wissenschaftliche und eine patriotische. Die erste sei in Liebe und Poesie. «Es war damals eine herrliche Periode für das jüngere Geschlecht. Freiheitslieder und Minnesänge schmolzen ineinander».107) Dieser Hintergrund gilt auch für Kaisers Gedichte. Münch zitiert in seinen Erinnerungen108) einige Gedichte von Kaiser und sagt dazu: «Ich theile auch von diesem Freunde ein paar Reliquien mit, auf die Gefahr hin, dass der jetzige ehrbare Philologe und Historikus über die Profanirung mir zürnen sollte. Eines der ältesten, ein einfaches aber liebliches Genrebild, etwas Mathissonirend109) besingt die auf einem ehemaligen Friedhof einge- schlafene Geliebte». Es folgt dann eine "Variation des weiter unten an- geführten Gedichtes «Nina schlafend». Ein weiteres Gedicht trägt den Titel «An die Herrliche», ein anderes «Stimmen auf dem Berge». Münch berichtet, dass sie sich gegenseitig besangen und ebenso ihre respek- tiven Geliebten. «Hold leuchten unsers Bundes heil'ge Sterne;/Es giebt nicht Gegenwart, giebt keine Ferne, / Wo die verwandten Geister sich verschwistert» singt Münch in einem Gedicht «An Müller und Kaiser».110) Seinen Freund Peter und dessen Geliebte Nina besingt ein weiteres Gedicht «An Peter Kaiser».111) «Nina theilt mit dir die Kla- gen, / Um Pietro weinet sie, / Den das Schicksal fern getragen» klagt Franz Müller in dem Gedicht «Ninas Klage».112) Im Freiburger Wo- chenblatt finden sich einige weitere Gedichte von Kaiser, etwa ein «Sonetto» von Pietro Kaiser in italienischer und deutscher Sprache'13) 107) Münch, Erinnerungen I, S. 224 / 226. 10S) Münch, Erinnerungen I, S. 255 - 259. 10D) Matthisson, Friedrich (1761 — 1831), sentimentaler klassizistischer Lyriker. u0) Münch, Ernst Joseph Herman: Gedichte. Basel, 1819, S. 97. >") Münch, Ernst: Gedichte, Basel, 1819, S. 93. "2) Freiburger Wochenblatt, No. 37, 9. Mai 1818. "3) 1. c, 1818, S. 157. 49
