Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1962) (62)

Ich habe schon früher (1957 a, p. 59, Abb. 5) die Basalabschnitte zweier Rehgeweihstangen nebeneinander abgebildet, die beide ein altertüm- liches Merkmal des gesamten Formenkreises zeigen — die Innen- sprosse, die heute beim Westreh kaum auftritt, wohl aber bei luxurierenden starken Sibiriern, und dort sogar zur Vervielfältigung neigt: ein klobiges Stangenfragment aus dem Altpleistozän West- deutschlands (Frankenbacher Sand. Museum Stuttgart) und ein rezen- tes Geweih aus dem Tien-shan ! Die Übereinstimmung ist so in die Augen springend, dass man niemals zögern würde, die alte Stange für das Gleiche, also für die Stammform der jüngeren zu halten. Dies sind aber bestenfalls Hinweise auf eine gemeinsame Ausgangsbasis einer später stark divergierenden Entwicklung in Ost und West ! — Trotzdem gib es heute immer noch gelegentlich Meldungen, die von Rehen im Alpenraum zu berichten wissen, die dem Sibirier auffallend ähnlich sein sollen. Eine solche Nachricht erhielten wir auch kürzlich aus der Umgegend von Meran. Ich bin der Sache nachgegangen, und Herr Oberforstmeister O. SCHMIDTKUNZ aus Bonn, der sich dankens- werterweise der Mühe unterzog, die Rehgehörne an Ort und Stelle zu vermessen und zu photographieren, konnte einwandfrei belegen, dass es sich dort zwar um eine starke Lokalform, jedoch ohne alle Sibirier- anklänge, handelt (Stangenlängen 24 —26 cm, Umfang der Rose 122 — 127 mm, Gewicht 
bei cfÖ" 18 — 22 kg). Damit entspricht diese Popu- lation ganz den von mir 1957/62 angeführten Rehen, die Prinz Hans v. u. z. LIECHTENSTEIN bei Rovereto (Südtirol) kennenlernte und die, wie der Feldhase und Baumschläfer, wahrscheinlich ein junges, osteuro- päisches Faunenelement 
darstellen (ssp. transsylvanicus aus den Ve- netianischen Alpen, cf. MILLER, 1912, p. 975). Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der Rehwildschlag aus dem Schaaner Ried mit den grossen Schädel- und Geweihmassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt von den grosswüchsigen Diluvialrehen des westlich Alpenraumes herleitet, dass diese Tiere aber, ebensowenig wie 
die transsylvanicus-Vertreter in den Süd- und Ostalpen, etwas mit dem sogenannten Urbock, also mit dem rezenten Sibirischen Reh zu tun haben. — Die Farbe der Sommerdecke des Liechtensteinischen Rehes ist oft, bis weit zum Bauch hinabreichend, tief rot (s. Farbtafel), entsprechend dem feuchtwarmen Grossklima dieses Raumes und der Nähe des 
at- 330
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.