Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1962) (62)

freien Fuss zu setzen. Andernfalls dürften ihr jedoch die Alimenta und der geistliche Trost nicht entzogen werden. Der Graf von Hohenems entliess jedoch seine gemarterte Geliebte trotz des kaiserlichen Befehls und des bischöflichen Ansinnens nicht sofort aus dem Arrest, sondern liess sie noch eine geraume Zeit mit noch schärferen Bedrohungen als zuvor auf das elendeste stecken und weiter verwahren. Erst als sich sein bis aufs Blut gequältes Opfer eher dem Tode als dem zeitlichen Weltleben ergeben hatte, fand sich der pathologische Sadist bemüssigt, es im Mai 1679 aus dem düsteren Gefängnis zu entlassen. Die Gressnerin büsste während dieser grausamen Prozedur ihre ganze kleine Habschaft ein, stürzte sich aus lauter Zaghaftigkeit und Kleinmütigkeit in ein Delirium und getraute s;ch nach ihrer Befreiung, da ihre Leibeskräfte durch Hunger und Kummer schwer abgenommen hatten, keinen einzigen Kreuzer oder Pfennig mehr zu ihrem Lebens- unterhalt zu verdienen. Sie beantragte deshalb einen ausreichenden Schadenersatz und eine Art Invaliditätsrente und trat dafür ein, dass auch diejenigen, welche ihretwegen unschuldiger Weise gelitten und mit unbilligen Strafen belegt wurden, dieser Strafen enthoben werden möchten. Zu den Hauptgeschädigten in dieser hochnotpeinlichen Geschichte gehörte der seit 1654 in gräflichen Diensten, zunächst als Lakai und Weidmann gestandene Burgvogt Andreas Seewald oder Seywaldt aus Müs bei Hall in Tirol, der Ahnherr der vorarlbergischen Seewald in Hohenems, Dornbirn und Lustenau. Obwohl er dem gräflichen Hause bereits in die 20 Jahre als Burg- vogt auf der Festung Altems treu und redlich gedient hatte, liess ihn Graf Franz Karl doch unter dem unbegründeten Argwohn, als ob er der Anna Katharina Gresnerin wider obhabende Pflicht einige Korres- pondenz «oder anders dergleichen» zugelassen habe, ohne alles Exami- nieren und ohne Ursach ganz furios in das abscheulichste und ärgste Gefängnis werfen, in einen ganz dunklen und ungesunden Ort, in den weder ein Sonnen- noch ein Mondstrahl drang oder scheinen mochte, wo ein Mensch auch nicht wohl noch recht liegen konnte. In dem von ihm nach zehn Jahren an die fürstäbtlich kemptische Kommission erstatteten Berichte gab er an, dass er wie der ärgste Übel- täter in die sechs Wochen lang elendiglich ohne jedes Examen in die- 108
	        

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