Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1960) (60)

— 55 — den Verkauf der Landgrafschaft oder derselben angehörigen Partikular- güter nachgedacht». Die Gläubiger versicherten ihren guten Willen, liessen aber von ihren berechtigten Forderungen nicht ab, und so wurde eine Konimission bestellt, welche einer Zwangsverwaltung des Klettgaues gleichkam. Die Feststellung der Schulden ergab die ungeheure Summe von 315 000 Gulden, zum allergrössten Teile von Graf Rudolf durch seine masslose Verschwendung verursacht. Diese Schuldenlast war für die Landgrafschaft viel zu gross, so dass auch die Kommission ohne Ver- käufe nicht entscheidend helfen konnte, zumal Graf Rudolf noch immer nicht zur vollen Einsicht der Sachlage gekommen war. Schliess- lich musste er im Jahre 1603 nach zwanzigjähriger Misswirtschaft abdanken und die Regierung seinem jüngeren Bruder Karl Ludwig übergeben. Rudolf erhielt von diesem die kleinere Herrschaft Blumen- egg in Vorarlberg. Wir können uns vorstellen, was es für den Grafen Karl Ludwig bedeutete, mitten im Kriege solche Nachrichten zu erhalten, und wie es wohl als Druck auf ihm lastete, nicht einmal zur Regelung dieser Angelegenheit in seine Besitzungen kommen zu können. Der Adel bereicherte sich im Militärdienst keineswegs, im Gegenteil, fast immer mussten wesentliche eigene Mittel zur Ausstattung zumindest des ei- genen Regimentes beigesteuert werden. Aus seinem Einkommen konnte Karl Ludwig nichts zur Schuldentilgung beitragen. Fast zwangsläufig mussten nun durch Verkäufe die Mittel aufge- bracht werden, die notwendig waren, den Klettgau der Familie zu erhalten. Was lag wohl näher als der Gedanke, die Gebiete zu ver- äussern, die erst seit einem Jahrhundert im Besitz der Familie waren ? Da der Landesherr in kaiserlichen Diensten abwesend war, sind es die klettgauischen Beamten, die eine Regelung versuchen und selbst- verständlich darauf bedacht sind, sich und ihre Gebiete den guten Herren zu erhalten. Von ihnen geht der Anstoss zu den Verkaufsvor- bereitungen aus. Im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien fand ich ein für die Kenntnis der Verhältnisse in unserem Lande besonders interessantes Dokument, einen «Anschlag» also eine Bewertung der Besitzungen und Einkünfte.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.