Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1959) (59)

— 344 — Die Angehörigen des zu Tode Gefolterten mussten nun aber das Ross bezahlen, das den Leichnam geführt, eine Kuh hergeben und drei- hundert Gulden Konfiskationsgelder dazu ! Es handelt sich nicht um den einzigen Fall, in dem die Folterung zum Tode führte. In der Liste der Vaduzer Opfer steht bei einem- Namen «so auf dem Esel gestorben und unter dem Galgen begraben»; Kein Gefühl der Schuld lastet auf . den Folterknechten und den Rich- tern, sie begraben das Opfer ihrer Grausamkeit dort, wo die Verur- teilten ihre letzte Ruhe finden ! Nach unseren heutigen Rechtsbegriffen können wir es uns gar nicht vorstellen, dass sich die' Bürger, die Hinterbliebenen der Opfer nicht gegen diese Willkür erhoben. Zwei Gründe sind es, die sie daran hinderten : Die Anschauungen der Zeit waren noch so vom Hexen- wahne befangen, dass niemand wusste, was Recht, was Unrecht war. Wir sehen es immer wieder, dass Landammänner und Richter in den Prozessen nicht milder waren als die Beamten des Grafen, dass sie Prozesse und Konfiskationen förderten. Dazu kommt noch, dass die Zeit eine durch und durch absolutistische ist: Lange Zeit dachte nie- mand an die Möglichkeit, gegen den Landesherrn und seine Willkür Recht zu bekommen, bis endlich Pfarrer Kriss von Thesen mit ein paar geflohenen Bürgern den Stein ins Rollen-brachte, indem er dafür sorgte, dass die Klage gegen den Grafen bis zum Kaiserhofe kam. Selbst menschlich ergreifende Klagen über den Verlust von lieben Angehörigen finden wir selten. Eine Frau schauert zusammen, als sie bei der Arbeit im Weinberg die Schreie ihres Mannes von der Folter hört, Kinder werden bemitleidet — das ist fast alles, was wir finden. Willkür und Folter und Tod waren so gewalttätig und häufig einge- kehrt im Lande, dass sie nichts Ungewöhnliches mehr waren. Die rohe Macht lag in den Händen der Amtsleute. Als eine Frau wegen der Hinrichtung des Mannes beim Landvogt klagt, sagt ihr die- ser ins Gesicht, sie solle nicht viel machen, oder er wolle ihr den Kopf selber abhauen. Dabei habe er den Säbel gezogen und geflucht. Die Frau berichtet der Kommission, man könne daraus ersehen, dass die sauberen Amtsleute zugleich Kläger, Richter und Henker sein wollen — und wir erkennen immer wieder, wie recht sie mit diesen Worten hat. Erkenntnisse des Ausgeliefertseins, des Verlorenseins kommen ge- legentlich zutage. Ein Mann, dessen Vater und drei Schwestern ver-
	        

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