Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1956) (56)

— 43 — sind, der Stich besitzt einen barockschen Stil, der stark vom Stil des Vesperbildes absticht, aber in dem Sinne, dass der Stich das Motiv, das Thema, das künstlerische Problem in paralleler Form zeigt, die das Vesperbild in Rottweil behandelt und in seiner Weise abwandelt. Der Stich zeigt also einmal an, wo das Vesperbild beheimatet ist. Uber das hinaus gibt es noch einige spezielle Parallelen zwischen dem Stich und der Plastik. Der Heiland der Plastik hat den gleichen gewölbten Brustkorb, die gleiche enge Taille, den gleichen Knick der Lenden wie der Heiland des Stiches. Auch wie der Heiland im Vesperbilidc gelagert wird, gemahnt bei aller Verschiedenheit im Einzelnen an den Heiland des Stiches. Das Gleiche gilt in bezug auf die Stellung der Muttergottes. Damit ist nicht gesagt, dass das Ves- perbild in Rottweil eine Kopie im eigentlichen Sinne des Stiches sei. Denn wiederum ist es wahrscheinlich, dass die Plastik gar nicht oder sozusagen hauptiabsiehtlich an den Stich anschliesst, sondern an eine Plastik oder an eine Art der Darstellung, für die der Stich spezielles Zeichen ist. Er zeigt die Unbekannte an, an die sich rlas Vesperbild anschliesst. Ist dieses Vesperbild von der gleichen Hand wie dasjenige in Mauren ? Das Vesperbild in Rott.weil ist nicht mehr im harten Stil um 1470 geschaffen. Der Block und die Figur sind nicht mehr so tief eingechnitten. Figur und Draperie wirken flacher. Die Kompo- sition ist nicht nur schwächer, sondern vor allem, sie hat an Bedeu- tung verloren. Die Stimmung ist milder, blasser geworden: Alles Zeichen dafür, dass man mit dieser Plastik in der Zeit der Beruhi- gung und des Nachlassens des Barocks wie des strengen Stiles von 1470, also um 1490 steht. Das scheint nicht nur zeitlich vom Vesper- bild e in Mauren, sondern auch von der gleichen Hand wegzuführen. Dem ordnet sich aber die Anatomie des Körpers des Heilandes nicht ein, sondern widerspricht ihm. Sicher ist sie matter als jene des Vesperbildes in Mauren. Aber trotzdem ist sie von der gleichen Art. Sie steht einerseits in Parallele zu der Anatomie vieler Stiche des Meisters E S und besitzt anderseits die persönliche Eigenart des Vesperbildes in Mauren. Es dürfte aber nicht leicht möglich sein, dass ein Schüler oder Nachfahre die Anatomie so genau nachmacht. In der Verbindung dieser zwei Momente am Vesperbilde in Rottweil liegt der Grund, dass trotz entgegengesetzter Meinung gesagt werden muss, dass beide Vesperbilder von der gleichen Hand sind, nicht
	        

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