Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1953) (53)

- 26 - rakter hatte und dafür sorgen musste, dass die Wahl in würdiger Weise vor sich ging. Im 18. Jahrhundert war ein Wahlverfahren ge- bräuchlich, das an dramatischer Gestaltung des Vorganges und der Sinnenhaftigkeit des Ereignisses kaum seinesgleichen findet. Die drei vom Oberamte vorgeschlagenen Kandidaten stellten sich an drei ver- schiedenen Stellen des Platzes auf:89 In der oberen Landschaft ging einer gegen Balzers, der zweite rheinwärts und der dritte zur Hof- kapelle.90 Namen und Standort der Kandidaten wurden ausgerufen, und es begann ein wildes «Laufen»; denn jeder Wähler rannte eilends, dass «man glauben sollte, es müssten alle zu Grunde gehen,»91 zur Stelle, die für seinen Kandidaten bestimmt worden war. Bekam einer der Kandidaten das offenbare Mehr, so «gab es just aufm Platz keine weiteren Händel» oder Ungelegenheiten; war aber das Ergebnis des «Laufens» zweifelhaft, so wurde der Wahlakt wiederholt. Bei ganz unklarem Stimmenverhältnis musste die Mann- schaft abgezählt werden, was nicht immer ohne wilden Tumult ab- ging, sodass der entsetzte Berichterstatter gallig bemerkte, man müsse sich wundern, wenn die «Sache ohne die grössten Unglücke oder Totschläge» abgehe.92 Hatten sich die Wählermassen für einen Kandidaten entschieden, so wurde er in feierlicher Weise als Land- ammann vereidigt. Dem Wahlakt folgten Lustbarkeiten und länd- liche Unterhaltungen; besonders zu Ende des 18. Jahrhunderts war der Landammann durch Brauch und Sitte verpflichtet, seine Wähler in reichlicher Art zu bewirten, sodass der Anlass, an dem viel Wein floss, den Gewählten bis zu 400 fl. kosten konnte.93 Die Richter dagegen wurden nicht auf der Landsgemeinde ge- wählt, doch kam es öfters vor, dass die neu bestellten Richter an- lässjich der Wahl des Landammannes vereidigt wurden. Starb ein Richter, so reichten Laudammann und Gericht nach altem «Brauch und Herkommen» dem Oberamte einen Dreiervorschlag ein.94 Aller- 89. BF. HK. Wien (1784) L 2 —14. 90. Ospelt. Aemterbesetzung, 30. 91. BF. HK. Wien (1784) L 2 — 14. 92. 1. c, 93. LRA. AR. Fasz. I, Bericht Menzingers, 12. Juni 1805. 94. 1. c. Fasz. XXII 23. Matr. 1, Akten, 5. Aug. 1797; weitere Akten 1. c. vom 4. Aug. 1798; 27. Juli 1792; 11. Aug. 1793; 23. Mai 1795; Ospelt Aemter- besetzung, 39 ff.
	        

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