Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1953) (53)

— 107 — ler lag, weil dieses Recht «ihrem Eigendünkel am zuträglichsten» sei. Schuppler wusste, dass er mit der Kritik in Wien Beifall fand, hatte doch Georg Hauer in seinem Bericht eine neue Erbordnung empfohlen.88 Kurz nach seinem Amtsantritt legte der Landvogt einen Entwurf zum Erbschaftspatent dem Fürsten zur Sanktionier- ung vor,8" der den Entwurf mit geringen Abänderungen annahm und ihn rückwirkend auf den 1. Jänner 1809 als Gesetz erklärte."" Die Abhängigkeit des Patentes vom österreichischen Vorbild wurde vom Landvogt ehrlich zugegeben, indem er sich als «Nach- schreiber und Sammler der österreichischen Abhandlungsvorschrif- ten» bezeichnete."1 Das Gesetz zeigte drei Quellen, die zur Erbfolge berechtigten: Erbverträge, letztwillige Verfügungen und gesetzliche Nachfolge.82 Die Pflichtteilrechte des zurückgebliebenen Eheteils sowie der Kinder wurde genau umschrieben.9* Ferner war das Recht zur Enterbung missratener Kinder, die Anfertigung von Testamen- ten scharf umrissen worden. Ein besonderes Augenmerk verdient die Bestimmung, dass Ordensgeistliche keine Grundstücke erben durften. Klöster konnten «weder durch Handlung unter Lebenden noch auf den Todesfall Vermögen erben», es sei denn durch fromme Stiftungen, und wer in ein Kloster trat, musste sich mit einem «Do- tationsbetrag» von 500 fl. begnügen.94 An Hand dieses Erlasses ist der sprunghafte Wechsel von altem Herkommen zum neuen Gesetz deutlich erkennbar. Freilich war das alte Erbrecht in mancher Beziehung unklar,93 und durch die lockere Amtsführung unfähiger Richter wurde manchem Prozess Vorschub geleistet; aber der harte Schlag voller Entrechtung traf das Volk durch das neue Erbgesetz, das in seiner Tendenz zur Zentralisation unerbittlich war."" 88. HH. HK. Wien (1808) I, 2 — 11. 41. 89. LRA. SR. Fasz. Gl. 235/pol.. Entwurf Schupplers. 8. April 1809. 90. 1. c. gedrucktes Exemplar, 1. Jan. 1809; Liechtenst. Regesten. 141. 91. LRA. SR. Fasz. Gl. Bericht Schlipplers. 16. Dez. 1808. 92. Art. I. des Gesetzes. 93. Art. VII und VIII. 94. Art. XXV. Absatz 2 und 3: vgl. österreichisches allgemeines bürgerliche* Gesetzbuch. Wien 1811. Art. ">52 ff. 9"). LRA. AR. Fasz. XXXV 36. Aktensloss zu Unklarheiten bei Erli-clwiftsfragen. <)6. IIK. Wien L 2 — 3, fi9, Gesuch, 12. Juni 1809: vgl. die Ausführungen 114 ff.
	        

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