Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1950) (50)

— 79 — lerische Gerede ihre tiefernsten Darstellungen an die Wand legten und nur durch die religiöse Tatsache der Darstellung die erste christ- liche Gemeinschaft erschüttern und erbauen wollten und uns in ihrer Ehrlichkeit der Empfindung heute noch erschüttern und mit Ehrfurcht erfüllen. Es liegt mir ferne, unsern lieben Meister Nigg mit den großen Vorposten der Kunst auch nur vergleichen zu wollen, geschweige ihn an ihre Seite zu stellen. Er hat sich sein Feld selber bescheiden abge- steckt, ist grundsätzlich bei der „angewandten Kunst", auf seinem Feld geblieben, um sich hier um so vollgültiger auszuwirken. Dennoch ist er weit über sein Ziel hinausgewachsen, weil das Künstlerische in ihm darüber hinausstrebte. Wenn wir seine Lebensarbeit grundsätz- lich zu angewandter Kunst oder Kunstgewerbe einreihen, soll damit kein Minderwert in künstlerischen Belangen ausgesprochen sein. Kunst ist doch das, was innerlich wahr und schön, nach außenhin in irgendeiner technischen Form entsprechend zum sinnfälligen Ausdruck gebracht wird. Zu den obersten Gipfeln der Kunst ist Nigg nie vorgestoßen, — dazu fehlte ihm das eigentliche Genie —, aber er bewegt sich in achtbarer Höhe, weit über den Durchschnitt. Die Blät- ter seiner letzten Schaffensperiode sind nichs anderes als wirkliche Kunstschöpfungen im Sinne absoluter Kunst, denen nur die letzte technische Vollendung fehlt. Die technisch vollendeten Werke seiner Stickerei, die an sich die Merkmale fertiger Kunstschöpfungen tragen, vermögen sich anderseits in ihrer Beschränkung des seelischen Aus- drucks nicht auf letzte Höhe der Kunst zu stellen. Auf seinem Platz und in seiner Art jedoch ist unser Meister Nigg und sein Werk eine unbestreitbar bleibende, hoch achtbare Erscheinung im Reiche der Kunst. Das Schönste seines Werkes hat den Nachteil, sich nur im „Werktag" zeigen zu können und kann nicht auf äußern Putz ab- stellen. Wir sind verpflichtet, dem inneren Wert zur Geltung zu verhelfen. Das Werk Niggs wäre reich und stark genug, eine Kunst- schule für Stickerei im besten Sinn auf Jahre hinaus mit besten Vorwürfen zu versorgen, wäre mit einiger Einfühlung als pracht- volle Elasfenster zu gestalten oder in die eigentliche Malerei her- Uberzunehmen. Die stillen Mappen sind dem Pflanzbeet gleich, aus aus dem man die jungen Pflanzen holt, um sie ins freie Feld zu
	        

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