Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1950) (50)

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- Von Köln zog der um die Schule so hoch verdiente Professor 1931 nach dem Sommersemester in seine Heimat zurück, um hier einen stillen Lebensabend zu verbringen. Er bezog sein neues Haus oben am Schloszhang, — das alte halte er vertauft, — und führte hier ein Einsiedlerleben nach eignem Stil, Eigentlich hätte er sich sorglos der Ruhe überlassen können, den» er hatte sich einen schönen Sparpfennig fürs Alter beiseite gelegt und bezog überdies ein ordentliches Ruhegehalt, Aber das war nicht seine Art, Fürs erste führte er seinen Haushalt selbst, den er sreilich einfach gestallele. aber nichts vernachlaßigle. Er kam immer des Wegs, als ob ihn die besorgteste Hausfrau betreute, und sein Hausstand sah so sauber aus, als ob da eine altjüngferliche Seele daheim wäre. Hielt er sich schon früher fern von allem gesellschaftlichen Leben, so wurde dies ihm jetzt iin Alter unerträglich. Selbst die Berührung mit der Menge in der Kirche mied der sonst so fromme Mann, Er fühlte sich allüberall verfolgt und hintergangen und mochte init einer so ..ver- kommenen Menschheit" nicht weiter zusammen kommen. Er hielt zwar, Mietleute in seinem Haus, lebte aber mit ihnen in ständigem, stilleni Abwehrkrieg. Besuche ließ er nur ins Haus, wenn sie ihm zu- sagten, und selbst vor diesen räumte er säuberlich die Arbeit beiseite, an der er eben saß. Kein Mensch hatte somit eine Ahnung, was der einsame Mann da oben umtrieb. es sei denn einige wenige Ver- traute, die Zutritt hatten, 7ms Dorf herab kam er, um sein Brot und seine Milch einzukaufen, seine Postsachen aufzugeben und etwa einen Besuch auf dem Friedhof zu machen. Da ging er seines Wegs in seinen Gedanken und sah dabei nichts und niemand, was und wen er nicht eben sehen wollte. Seinen Bekannten aber erzählte er des langen und breiten und immer wieder von seinen eingebildeten Sorgen und bösen Erlebnissen, Es fing an Nacht zu werden. Es war eine Art geistiges Doppelleben in ihm. Trotz alldem saß er fast Tag und Nacht hinter seiner Arbeit mit Stift und Nadel, zeichnete und stickte mit erstaunlicher Geistesfrische und Regsamkeit, So war er einerseits der schrullige Sonderling, dem mit dem Alter die früheren Eigenheiten zu Wahnvorstellungen auswuchsen, ander- seits der Künstler, der ungebrochen das Schönste an den Tag brachte, was er je geschaffen. Seine Kunstwelt blieb frei von den Schatten. Nigg hatte sogar bis in seine letzte Zeit noch weittragende Pläne, Um
	        

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