Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1905) (5)

— 67 — Mahl mitsambt der ehrwürdigen Chlerisey und Priester- schast mein und ihr underthennigstes und demütigstes Piten durch Gottes und des jüngsten Gerichtes willen an höchst gedachte unsre gnädige Herrschaft und an Euch Richter und Gericht, man wölte ihnen die Urtel ringern. Sie wollen doch alle Pueßwerkh verrichten, was einem Menschen zu thun möglich sein könne, mit Wallfarten nach Rom, St. Jakob, zum heiligen Grab, zue unser lieben Frauen zue Loreto und Einsiedcln, und andere Puohwerkh verrichten, bis Gott zuvorderst, und ain gnädig Herrschaft ein gnädig und fatsames Urtel genügen haben solle. Ich verHofs also meines einfeltigen, jedoch gebtirlichen Bits willfahrig gewert zu werden." Wurde Jemand zum Tode hin gerichtet, so brach der Landammann nach Verlesung des Urteils den Stab entzwei und behielt die beiden Stücke, ohne dieselben auf den Boden zu werfen, in den Händen. Dann übergab er den Verurteilten dem Scharfrichter. Hatte dieser das Urteil mit dem Schwerte vollstreckt, so hielt er das blutige Schwert in die Höhe und fragte den als „Pannrichter" fungierenden Landammann: „Habe ich gerichtet, wie Urtel und Recht spricht?", worauf der Landammann antwortete: „Du hast gerichtet, wie Urtel und Recht spricht, so lasse es dabey bewenden." Die Nichtstättc — Jochgericht genannt — befand sich im Untertande auf „Güedigen" bei Rofenberg, im Oberlande zwischen Vaduz und Triefen au der beidseitigen Gemeindegreuze, welche heute noch „beim Galgen" genannt wird. Die letzte Hinrichtung auf „Güedigen" fand am 5. März 1785 statt. Wie wir aus diesen urkundlichen Berichten entnehmen können, waren die Vvlksgerichte nicht nur dem Orte nach, sondern auch durch die Zulassung von Zuschauern — des sogenannten Gcrichtsumstandes — öffentlich. Wir erfahren ferner, daß zu alleu Gerichten „Fürsprecher" zugelassen wurden, uud daß der Ankläger sowohl wie auch der Angeklagte sich eines solchen bedienen durfte. Das Beweisverfahren war ein mündliches. Die Beweise mußten öffentlich in Gegenwart der Parteien, des Gerichtes und des Gerichtsumstandes geführt werden. Durch dieses einfache germanische Gerichtsverfahren,
	        

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