Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1949) (49)

— 20 —, lernte. Heute noch, und nach weit 
über 100 Jahren, 
erzählt sich das Liechtensteinervolk, wie damals 
beim 1. Besuch des Landesfllrsten ein Volksfest veranstaltet wurde und der 
leutselige Fürst zuerst mit einem alten Unterlcinderfrauele tanzte und dann mit einem jungen, hüb- schen Mädchen aus Balzers. Allein schon durch diese menschlich herablassende Haltung eroberte 
er sich die Herzen seines Volkes. Bis dahin wurde bei solchen Anlässen ein Fürstenbild aufgestellt, mit einer jener Zeit entsprechenden, möglichst pompösen Aufmachung. Und nun war das Volk sehr begeistert, einen so leutseligen, einfachen Fürsten zu haben. Sicher haben auch alle Fürsten bis dahin das Beste für Land und Volk gewollt. Großes und Zweckmäßiges haben sie im Lande eingeführt. Ich erwähne von vielen nur das Grund- buch, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, den Schulzwang. Aber die Art und Weise, wie das Neue durch die Beamten eingeführt wurde, stieß bei unseren Vorfahren immer wieder ab. Stets fürch- tete sich das Volk, die bisherigen Rechte zu verlieren. Festhalten am alten Herkommen, war bei unseren Ahnen eine Ehrensache. Die Beamten aber legten dieses Verhalten stets als Ungehorsam und Widerspenstigkeit aus. Den Fürsten konnte das Volk nicht so recht lieben, denn lieben kann man nur etwas, das man kennt. Die ersten 120 Jahre der Geschichte des Fürstentums Liechtenstein entbehren nicht einer gewissen Tragik, wenn man dem guten Willen der Für- sten die tatsächlichen Geschehnisse im Lande selber gegenüberstellt. Heute, 
nach 250 Jahren, ist es eine wahre Freude, feststellen zu können, daß all die Differenzen von früher total abgebaut sind, daß das gesamte liechtensteinische Volk seinen Fürsten hoch verehrt, treu an ihm hängt, ihn liebt, und daß auch 
der Fürst sein Volk hoch- achtet, es schätzt, mit ihm lebt, sich mit ihm freut und sorgt und sich mit 
ihm in der Regierung des Landes teilt. Verschwunden sind die Vorsicht, das Mißtrauen und die Frostigkeit, die 
vor 250 Jahren dominierten. An ihre Stelle traten treue Anhänglichkeit, tiefe Ver- ehrung, gegenseitiges Sichverstehen. 
Verklungen ist die Disharmonie von früher, hell und rein erklingt heute der Dreiklang des guten Einvernehmens zwischen 
Volk, Fürst und Kirche. 
Es ist nicht meine Art, Superlative zu verwenden, 
und doch stelle ich fest, daß das heu- tige Verhältnis 
zwischen Fürst, Volk und Kirche geradezu als ideal bezeichnet werden darf.
	        

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