Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1944) (44)

— 8l — sache, sondern Herz und Gemüt, mit einem Worte: „Innigkeit". Wo immer er den Unterschied der Konfessionen überbrücken konnte, tat er dies. Auch hierin folgte ihm unser Liechtensteiner, der 1840 als seinen Leitsatz ausgab: Scientia et Neligio, Bildung und Religion.') Doch hatte unser Disentiser Rektor diese Einstellung zweifelsohne von seiner aufklärerischen Jugend her, vom Ausent- halte in nichtkatholischem Milieu (Fellenberg, Pestalozzi, Aarau). Wie Sailer für eigentlich Kirchenpolitik weniger Sinn und Freude zeigte, so auch Kaiser. Gewisse Gedanken des Referates, welche den Unterricht betreffen, sind etwas verschwommen und unklar und er- innern noch an die geistreichen und schönen aber w?nig wissenschaft- lichen Auslassungen der philosophischen Aufklärer des l8. Jahr- hunderts. Deshalb fügte Kaiser selbst noch am Schlüsse bei: „auch wird nicht alles durch Worte klar." Schon die damaligen Zeit- genossen hatten diese Empfindung.-) Aber es war diese Art noch Mitte des 19. Jahrhunderts bei Laien und Theologen (vgl. Deutin- ger. Hirscher, Staudenmaier) nicht selten, bis dann die eigentliche nüchterne wissenschaftliche Theologie und Philosophie diese Ueber- gangszeit beendete (Kleutgen, Scheeben). Das Wichtigste in Kaisers Aussührungen ist nun aber nicht, daß sie von Sailer abhängig sind, sondern daß sie überhaupt Kaisers Gedankenwelt nun angehörten. Wahrlich ein anderes Programm als dasjenige von Aarau 1830! Und wie er lehrte, so lebte er auch, berichtet doch sein Biograph, daß er hier in Disentis wie später in Chur alle zwei Monate mit den Studenten zu den hl. Sakramenten ging/') Was wir in zahlreichen Lebensbeschreibungen katholischer Persönlichkeiten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts finden, das >) Chronica monasteril II. S. 82. Schnabel -I (1937) 44—50. 2> Den Inhalt des Programms hat Kaiser wohl am Sommerexamen 1838 bei seiner Rede über Bildung vorweggenommen. Der Chronist bemerkt eben darüber stulo haud claro. Chronica Monasterii I. S. 59. Zu diesen unklaren Stellen ist besonders S. 5—0 zu zählen, wo von der ..Ansachung des Lichtes des Gedankens" gesvrochen wird. Der Gedanken ist „mehr oder minder ausgebildet" und „der gebildete Gedanke weckt den noch schlummern- oen". Der werdende Gedanke sei der Glaube, der gewordene Gedanke indes das Wissen. Im Lehrer sei das Wissen und der höhere Glaube usw. Das sind noch Anschauungen, denen wir schon im Aarauer Programm von 1830 be- gegnet sind (Traditionalismus). >) Kind. Peter Kaiser. Jahrb. d. Sist. Ver. s. Liechtenstein 5 (1905) 22.
	        

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