Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1944) (44)

— 77 — lin) kommen. Er geht hier von der „schöpferischen Kritik" Niebuhrs aus, welche die Tradition nicht völlig abweist, son- dern deren historischen Kern zu ermitteln sucht. Das ist nicht leicht. „Diese Annahmen und Combinationen beweisen nur, wie schwierig, ja wie unmöglich es ist, aus abgerissenen Stellen der Alten etwas Zuverlässiges über den Ursprung der Rhätier auszumitteln, und daß, wo den Vermuthungen ein freier Spielraum gewährt ist, sie nicht leicht innerhalb bestimmter Schranken zu halten sind" (S. 24). Er bekennt auch freimütig seine „unvollständige Kenntnis der keltischen Sprache und den Mangel an da^u gehörigen Hülfsmitteln" (S. 26). Rektor Kaiser hatte jedensalls ganz mit Recht genauer zwischen Kelten und Etruskern unterschieden. Einige Beweise wie die Ortsnamen Dardin und Brigels sind heute noch unangefochten. Nur will die heutige Forschung die Substanz des rätischen Volkes als illyrisch annehmen, gibt jedoch einen keltischen und dazu einen etruskischen Einschlag zu.') Für den Disentiser Eeschichtsprofessor war nun aber ein ganz neuer Horizont aufgegangen. Er begeisterte sich für die alten Rätier, welche die Ufer des Rheins und des Jnns, der Etsch und der Adda bewohnten. Nicht umsonst zitiert er den Chronisten Stumpf: „Es ist ein stark redlich Volk, fromm, hat Gerechtigkeit lieb." In dem Liechtensteiner erwachte die Liebe zur rätoromanischen Sprache. Kaiser betrachtet sie als eine Tochtersprache des Lateinischen, der indes germanische und keltische Elemente beigemischt sind. Die Unter- scheidung zwischen dem keltischen Volkscharakter und der lateinischen Sprache zeugt für Kaisers feinen Sinn, der Sprache und Volk nicht einfach gleichsetzt. Weil eben das Rätoromanische neben den latei- nischen Elementen noch germanische und keltische aufweist, gerade deshalb erscheint es ihm interessant. Er fordert die Bildung einer „Gesellschaft zur Erforschung der romanischen Sprache" und zwar deshalb, weil „daraus ein Gewinn für die vaterländische Geschichte zu erwarten sei." Der Wunsch wurde erst nach einem Vierteljahr- hundert in der „Societad Retoromantscha" (1863) verwirklicht.?) >) Stiihelin F.. Die Schweiz in römischer Zeit 1931. S. 10—16. Der- selbe in Zeitschrift f. Schweiz. Geschichte 15 (1935) 339 ff. W, Vurkart im Jahresbericht der historisch-antiquarischen Eesellschast von Graubünden 69 (1939) 176 f. Ueber Otfried Müller Schnabel III 34. 2) Plant« R. v.. Rätoromanische Probleme in ..Die Schweiz" 1931S. 116.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.