Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1944) (44)

— 74 — unklaren Wassern der Aufklärung! Natürlich enthält das Büchlein auch einige treffliche Formulierungen und Perspektiven. Sein In- teresse für die fremden Völker, die Inder und Chinesen, die Juden und Aegypter, die Griechen und Römer ist anzuerkennen. Die Aus- führungen erinnern an die völkergeschichtlichen und geographischen Werke von Voltaire und Montesquieu, Herder und Ritter. Er findet auch für religiöse Wahrheiten herrliche Worte: „Das Leben der Seele ist die ewige Anziehung und Entfernung nach dem Schöpfer" (S. 1V) und Christus ist auch ihm „der Eottgesandte in der Mitte der Zeit", der sich selbst geopfert hat, um die Versöhnung der Menschheit zu erwirken. Ferner gibt er manche ganz richtige Idee über die freiheitliche politische Entwicklung wieder, ist er doch nicht umsonst so begeistert für Amerika (S. 10). Aber im allgemeinen ist das Werk in seiner pantheistischen Eesichtskonstruktion einfach ein Abklatsch der Eeschichtsphilosophie von Hegel. Das Werk ist heute inhaltlich und oft auch stilistisch wenig genußreich. Interessant ist, daß Kaiser sowohl auf Niebuhr wie auf seinen Gegenspieler Hegel schwört, also einerseits Anhänger des empirischen Historikers und anderseits Jünger des pantheistischen Philosophen ist.') Während sich Professor Kaiser ganz seiner Lehrtätigkeit und seinen geschichtlichen Studien widmete, waren im Kanton Aargau starke politische Bewegungen wach geworden. 1831 kam eine neue demokratische Verfassung zustande, welche trotz mancher Vorteile den Katholiken keine vollständige Gleichheit einräumte. Im folgenden Jahre trat der liberale Kanton auch dem sogen. Siebner Konkordat bei, in dem sich die liberal-demokratischen Stände zu gemeinsamem Schutze vereinigten („Der erste Sonderbund"). 1834 nahm die Re- gierung auch das kirchenkämpferische Programm der berüchtigten Badener Konferenz an, wodurch ein eigentlicher Sturm gegen die Katholiken entfesselt wurde.-) Obwohl sich Kaiser zum mindesten versöhnlich und liberal zeigte, war er doch als Katholik den radika- len Scharfmachern nicht genehm. Sie nannten ihn öffentlich einen „von Hause aus obscuranten und pfäffischen Geist". Unser Professor war, wie dies zu geschehen pflcgt, infolge seiner nicht eindeutigen 1) Schnabel 3 (1334) 3—23. 113—114. Dazu Kaegi W., Historische Meditationen 1942. S. 237 usw. 2) Heer E.. Das aargauische Staatskirchentum. 1918. S. 39 sf. Wind A., Geschichte des Kt. Aargau 1903. S. 45 s.
	        

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