Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 235 — was ihn gehindert hätte, später seinen eigenen Pfad zu wandeln. Alle aber, die bei ihm lernen wollten, machten hier eine Schule des Handwerks durch, wie sie gründlicher nicht gedacht werden kann. Humperdinck, Thuille und wie sie alle heißen, deren Namen Klang und Ansehen besitzen, sie können bezeugen, was sie Rheinberger ver- danken. Die Methode dieses großen Pädagogen war die einfachste von der Welt, ihr Geheimnis das der mittelalterlichen Bauhütten, der großen Schulen der Renaissance: strenge Arbeit unter des Mei- sters Augen. Welch eminenter Musiker dieser Mann war, das können in ganzer Fülle doch nur jene ermessen, die unter ihm an der be- rühmten und gefürchteten Tafel gearbeitet hatten. Die Rheinberger- literatur ging auf diese hochwertige Betätigung des großen Mannes bisher kaum ein. Die absolute Lauterkeit und ehrfurchtgebietende Reinheit von Rheinbergers Charakter hat sich auch beim Unterricht bewährt. Nie habe ich in unseren Stunden nur ein einziges Wort aus seinem Munde gegen jene sieghafte Kunst gehört, die ihm so herzlich unsym- pathisch war. Und das in den achtziger Jahren, da man noch um Wagner kämpfte. Später sagte mir Rheinberger gelegentlich einmal: „Ich hätte manchen gerne gewarnt, aber ich hielt es für meine Pflicht, Euch gehen zu lassen." Nur einer köstlichen Inkonsequenz erinnere ich mich. In einem Durchgangszimmer neben dem Unter- richtslokal (im Münchner Odeon) lagen 2 von den Schülern mit- gebrachte Partituren auf einem Tisch. Oben der Lohengrin, unten der Freischütz. Rheinberger warf im Weggehen einen Blick auf die Bücher und zog dann mit bedeutungsvoller Geste, wie wenn er sagen wollte: „So gehört sich's", den Freischütz hervor und legte ihn oben auf. Nun ist er von uns gegangen, der treue, hochverehrte, geliebte Meister. München. Deutschland, die ganze musikalische Welt trauern um einen großen Toten. In der Musikgeschichte aber wird sein Name in Ehren weiterleben als der eines hochbegabten Komponisten, eines genialen Lehrers, eines vornehmen, edlen Menschen.
	        

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