Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 233 — sämtliche den Vorzug, wirkliche Lieder zu sein. Viele aber sind matt im Ausdruck, ohne den Reiz der intimen Ausdeutung des Dichter- wortes neben dem Treffen der allgemeinen Stimmung des Gedichts, und zuweilen besteht auch mit dieser nur geringer Kontakt. Eigenartig gestaltete sich auch das Verhältnis von Ton und Wort in Rheinbergers K i r ch e n m u s i k. Der Meister war eine tiefreligiöse und kirchlich strenggläubige Persönlichkeit. Er hat aus innerer Nötigung eine große Anzahl kirchenmusikalischer Werke aller Art geschrieben, Messen (darunter eine imposante Papstmesse s cs-, pells), Hymnen, Motetten und so fort, welche auf alle Fälle als Schöpfungen eines meisterlichen Musikers den Vorzug gegenüber dem schwächlichen Zeug verdienen, mit dem gerade auf diesem Ge- biet der Dilettantismus sich breit macht. Aber auch hier kam Rhein- berger gelegentlich zwischen zwei Stühle zu sitzen. Bekanntlich hat die moderne katholische Kirchenmusik das Prinzip des strengkirch- lichen Ausdruckes, der exakten Rücksicht auf die liturgischen Texte und andere Leitsätze auf ihre Fahne geschrieben. Nach gewissen Erfahrungen teilweise mit Recht. So sehr sich Rheinberger hier nun beflisz, diesen Forderungen nachzukommen, war er doch viel zu sehr Musiker und polyphoner Gestalter nach seiner Art, als daß er sich stets hätte von ihnen bestimmen lassen. Hier sah er sjch aus absolut musikalischen Rücksichten genötigt, Textworte zu wiederholen oder ganz auszulassen, dort zu verbinden, was dem Sinn nach getrennt ist, den Wortakzent dem rhythmischen zu opfern und so fort. Dem- entsprechend ist Rheinberger auch der Vorwurf subjektiver Religio- sität und mangelnder Kirchlichkeit nicht erspart worden. Zum Glück für den Meister dachten und denken nicht alle Chorregenten und Domkapellmeister streng. Wäre es der Fall, so müßten diese Werke wohl in den Konzertsaal flüchten. Die Bedachtnahme auf Kirchlich- keit hat Rheinberger gelegentlich aber auch zum Entdecker gemacht. In Anlehnung an die Kirchenmusik des 16. und 17. Jahrhunderts schrieb er sein Requiem op. 84, vielleicht das erste solchen Tones, das seit Kerlls Tagen (1669) in München von einem bedeutenden Meister komponiert worden ist. Ich vermute, daß Rheinberger die Anregung hiezu durch seinen Lehrer Julius Joseph Maier gekom- men war. Mehr Beachtung, als sie bislang fanden, verdienen übri- gens die Motetten, so op. 133 (4 sechsstimmige), besonders Nr. 4. Sicherheit des Aufbaues, Kunst der Stimmführung, Fluß und 15»
	        

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