Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 230 — bevorzuge unter ihnen die kontrapunktischen, vor allem aber die oft sehr geistreichen Variationen und die Lsprieei (z. B. op. 43, Oa- prieeio ßioeoso). Von den Phantasiestücken ist op. 23 ein echter Rheinberger. Dank der Kraft seiner kombinatorischen und konstruk- tiven Kunst werden die freien Stücke meist je länger je besser. In seiner selbständigen Weise hat Rheinberger auch nicht die allgemeine Scheu seiner Zeitgenossen vor der Klaviersonate geteilt, sondern deren 4 geschrieben, von denen jedenfalls die 1. und 3. (op. 99) als wirkliche Bereicherungen der Literatur gelten müssen. Bemerkens- wert ist auch der Klaviersatz aller dieser Werke. Auch hier geht Rheinberger seinen eigenen Weg, und in den Problemen seiner ausgesprochen männlichen Schreibart werden geübte Spieler und Spielerinnen vielerlei technische Anregungen finden. Auch das ist dem Meister anzurechnen, dasz er in seiner Kammermusik nicht zur Erweiterung jener Kluft beigetragen hat, die heute vermöge der übergroßen technischen Schwierigkeiten in gerade den wertvollsten einschlägigen Werken sich zwischen Kunst und Volk, d. h. den Pfle- gern der Hausmusik, aufgetan hat. Auch Problematik, Raffinessen und Hautßoüt wird man bei ihm vergeblich suchen. Auf einem Gebiete der Instrumentalmusik war Rheinberger berufen, als Neuerer eine entwicklungsgeschichtlich bedeutende Stel- lung einzunehmen. Das ist die Orgelkomposition. Rheinber- gerist der Vater derOrgelsonate,die er geläutert hat von den süßlichen, schwächlichen, orgelwidrigen Zügen, die seine Vorgänger noch an diesen Gebilden geduldet hatten. Gerade hier trugen die Bach-Studien des Meisters reiche Früchte. Daß er mit seiner Reform oder vielmehr Neuschöpfung von Bachschen Eindrücken ausging, zeigt ein Blick in op. 27, die älteste unter 19 Gefährtinnen. Bei Bach und dem eigentlich strengen Stil ist aber Rheinberger hier in der Folge keineswegs stehen geblieben. Gleich den technischen Anforderungen ist die Erfindung in diesen Stücken zunehmend eigenartig geworden, und eine Fülle seltsamer Gedanken und Gestalten blüht uns aus den gestrengen drei Systemen dieser Werke entgegen. Dem Künstler, der selbst ein vortrefflicher Orgelvirtuose war (ein Schüler des greisen Dr. Herzog), galt die Orgel keineswegs als ausschließlich kirchliches Instrument, wie auch daraus hervorgeht, daß er weltliche Einzel- stücke für sie komponierte; im höchsten Maß aber galt sie ihm als ein Instrument, das seine eigenste Setzart hat, so gut oder mehr
	        

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