Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 226 — Der Ausgangspunkt für Rheinbergers Schaffen liegt vorzüglich in den Werken, die Beethoven ungefähr in den Jahren 1866 bis 1817 schrieb, im Beethoven der 2. Periode, und in Schubert. Ver- mutlich war hier in jungen Jahren die künstlerische Persönlichkeit Franz Lachners für Rheinberger vorbildlich, deren beste Emana- tionen gleichfalls in der genannten Sphäre wurzeln. Während aber bei Lachner (geboren 1863) sehr verständlich erscheint, nicht, das; er sich den Einflüssen des letzten Beethoven, aber dah er sich jenen Schumanns gänzlich entzog, wird letzteres bei Rheinberger bereits charakteristisch, und das um so mehr, als der Künstler in jungen Jahren jenes Feld mannigfach bebaute, auf dem Schumann sich am genialsten betätigt hatte, das Charakterstück für Pianoforte. Von den musikalischen Äußerungen romantischen und neuromantischen Geistes, die Wind und Sturm aus Nord-, Mitteldeutschland und dem Schweizer Exil in zunehmender Stärke auf die bayrische Hoch- ebene geweht hatten und wehten, ist nur Mendelssohns Art für Rheinberger gelegentlich maßgebend gewesen. Ganz anders als die neuromantische Kunst wirkten die neuausgegrabenen Werke Bachs auf ihn. Der Einfluß Bachs auf die gesamte Komponistenwelt des 19. Jahrhunderts ist ein herrliches Zeugnis dafür, daß es möglich ist, das Erbe der Väter für spätere Generationen fruchtbar zu machen, zugleich der größte Erfolg, den die Musikwissenschaft in ihrer Rück- wirkung auf die Praxis bis jetzt zu verzeichnen hat. Bachs Werke wurden für Rheinberger der dritte jener Bronnen, zu denen er immer wieder zurückkehrte, um Stärkung und neuen Mut zu trinken. Freilich nahm unser Künstler auch Bach auf seine Weise in sich auf. Vor allem vertiefte er an Bach die angeborenen Fähigkeiten für kontrapunktische Kunst in grandioser Weise. Von dem universal-deutschen Erundzug der Bachschen Musik hingegen erscheint Rheinberger fast gänzlich unberührt. Er blieb ein ausge- sprochen süddeutscher Komponist, süddeutsch im Sinne einer gewissen Einseitigkeit der Gefühlswelt, wie sie vor 1876 in weiten Kreisen der Bevölkerung heimisch gewesen und heute noch in den gebildeten Kreisen in Österreich und Bayern erkennbar ist. Aus der Welt Bachs und Beethovens, Schuberts und Mendels- sohns also stammen die Anregungen, die Rheinbergers zweifelsohne starke Individualität befruchteten. Damit wurde er kein Ekletiker; Rheinberger ist gelegentlich langweilig, inspirationslos, niemand
	        

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