Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 222 — Güte, Ernsthaftigkeit und Würde darbietet, dasz dieselben in keiner Weise der liturgischen Verrichtung unwürdig sind." Selbstverständlich stehen auch bei Rheinberger, wie bei jedem Meister — selbst Beethoven nicht ausgenommen — nicht alle Werke auf gleicher Höhe der künstlerischen Inspiration und Vollendung. Aber jede objektive Kritik musz bei eingehendem Studium der Rhein- bergerschen Kirchenkompositionen zu dem Resultat gelangen, dasz gerade diesem Zweige des Rheinbergerschen Schaffens fast durchwegs Reichtum der Erfindung und Schönheit der Form in einem Grade zu eigen ist, der den diesbezüglichen Werken für immer eine ehren- volle Stellung in der kirchenmusikalischen Literatur sichert. Und Dr. A. Sandberger dürfte wohl das Richtige getroffen haben, wenn er in seinem Nekrolog bemerkt: „Rheinberger hat aus innerer Nöti- gung eine große Anzahl kirchenmusikalischer Werke aller Art ge- schrieben, Messen, Hymnen, Motetten und so fort, welche auf alle Fälle als Schöpfungen eines meisterlichen Musikers den Vorzug gegenüber dem jammervollen Zeug verdienen, mit dem gerade auf diesem Gebiet der Dilettantismus sich breitmacht." Rheinberger war eine viel zu vornehme Persönlichkeit, um auf die mancherlei giftigen Angriffe von seiten ciicilianischer Uber- eiferer, die seine künstlerische Überlegenheit mit Neid erfüllte, auch nur einmal zu erwidern. Nur aus gelegentlichen Äußerungen in Briefen an seine Freunde und Schüler geht deutlich hervor, daß ihn diese ganze extreme und unkünstlerische Richtung anwiderte. So schrieb er unterm 13. März 1894 an den Verfasser dieser Zeilen: „Mit größtem Vergnügen habe ich Ihr op. 33 (16 Tonstücke für Orgel, Pustet) durchgelesen und mich über die Gediegenheit dieses Ihres neuen Werkes gefreut. Bei aller Kunst des Satzes sind Sie nie in jene Trockenheit und Eeistlosigkeit (in Imitation der alten Tonarten) verfallen, die leider heutzutage bei so vielen als .echte Kirchlichkeit' gilt!" Auch ein anderer genialer Musiker der jüngsten Vergangenheit, Max Reger, hatte — nebenbei bemerkt nur ein verächtliches Lächeln für diese „echte Kirchlichkeit", und wenn er in einem Briefe an mich einmal bemerkt: „Wir modernen Musiker ver- langen mehr als diatonisches Dreiklangsgemüse", so ist sein Stand- punkt dieser gottlob überwundenen Richtung gegenüber gewiß deut- lich gekennzeichnet. Zu bedauern bleibt nur, daß Max Reger, der Größten einer, durch gehässige Anrempelung gleich seiner ersten
	        

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