Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 218 — wie Rheinberger von Jugend auf mit besonderer Vorliebe seine Kunst in den Dienst des Allerhöchsten stellte, ist eigentlich selbst- verständlich, und wie sein erster Jugendversuch der Verherrlichung des Gottesdienstes galt, so arbeitete er noch wenige Wochen vor seinem Tode an einer Messe, bis seiner müden Hand mitten im Credo die Feder für immer entsank. Als noch der Cäcilianismus in seiner widerlichsten Form gras- sierte, als noch jede, auch noch so geistlose Nachahmung des Palestrina- stils als „echt kirchliches" Meisterwerk verhimmelt wurde, während man jedes melodisch und harmonisch selbständig und modern emp- fundene Werk „weltschmerzlich, sentimental" und daher als un- kirchlich brandmarkte, fanden selbstverständlich auch Rheinbergers kirchliche Schöpfungen keine Gnade vor den Augen dieser llbereiferer. sondern wurden oft von Leuten, welche nicht würdig waren, Rhein- berger die Schuhriemen aufzulösen, als „unkirchlich" angegriffen, weil er nicht den Stil der alten Meister kopierte, sondern — wie jedes schöpferische Talent — seine eigene Sprache redete. Nun, dieser puritanische Cäcilianismus ist heute tot, der Fortschritt hat gesiegt und wir wissen, daß, wie in der kirchlichen Architektur, so auch in der kirchlichen Musik jeder Stil seine Berechtigung hat, wenn er nicht bloß die künstlerischen, sondern auch die liturgischen Gesetze achtet und befolgt. Unkirchlich ist nur mehr das künstlerisch Unge- nügende und das liturgisch Fehlerhafte. Was aber an Rheinbergers Kirchenkompositionen mit Recht bemäkelt werden konnte, manche Textauslassungen und einige hin und wieder vorkommende unrich- tige Textdeklamationen, ist nun in den Neuausgaben der betref- fenden Werke in stilgerechter Weise beseitigt, und so erfreuen sich daher diese auch von feiten jener Chöre zahlreicher Aufführungen, welche bisher solche liturgische llngenauigkeiten davon abhielten, Rheinbergers musikalisch so hochstehende Werke ihrem Repertoire einzuverleiben. Übrigens sind unter den hier an erster Stelle zu nennenden 13 Messen des fruchtbaren Meisters schon in der Original- ausgabe die prächtigen opera 187, 159 und 169 liturgisch vollkom- men korrekt, von den andern aber liegen nunmehr bereits 7 eben- falls sehr bedeutende Messen in liturgisch ergänzten Neuausgaben vor, nämlich op. 62 d, 83, 117,126 b. 126 c, 151 und 172 b .̂ Für die 1. Weitere Neuausgaben siehe Werkverzeichnis. Der Herausgeber.
	        

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