Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 176 — zunächst für zwei Klaviere, indem ich mir das zweite Klavier orche- stral vorstellte. Nun verwickelte ich mich aber in die Schwierigkeiten der Instrumentation, und der gute Meister hatte vieles zu bessern und zu raten. Es war nämlich seine Art. keine durchgreifenden Än- derungen vorzunehmen. Der Schüler sollte sein Werk wirklich selbst verfaßt haben und wurde darum nach kurzen Hinweisen mehr zum Umarbeiten und Neuschreiben angehalten. Das erforderte freilich viel Geduld auf beiden Seiten. Einmal hieß es zum Beispiel: „Sie nehmen zu viele Bläser, und nicht nur Ihre Freunde, die Posau- nisten, sollten einmal gründlich Ruhe haben. Schreiben Sie eine kontrapunktische Triolenbewegung in den Streichern für mehrere Seiten, das wird dem Stücke gut tun". — Man kann sich denken, mit welchen Gefühlen der junge Himmelstü'rmer über die Pfingst- feiertage eine „Triolenbewegung" anfertigte! Ein anderes Mal wurde eine „Jagd auf Quartsextakkorde" angestellt und diese ver- nichtet, wo sie gerade am schönsten waren. Aber natürlich hatte Rheinberger immer recht und das Stück konnte sich schließlich hören und sehen lassen. In demselben Jahr 1885 wurde es zur öffentlichen Aufführung gebracht und Konzertmeister Abel dirigierte, nachdem bei den Pro- ben sich mehrere Studiengenossen als Dirigenten daran versucht hatten. Die Proben mit dem 2. Klavier hatte ich mit meiner Prima- donna abgehalten. Die Arbeiten am 2. und 3. Satz zogen sich bis ins nächste Schuljahr hin. aber zum Schlüsse konnte ich mit meinem Werke auch als Pianist glänzen. Und nicht nur den herzlichen Bei- fall von Publikum und der gesamten Presse konnte ich entgegen- nehmen, sondern es wurde mir auch die höchste Auszeichnung zuteil, die damals das Konservatorium zu vergeben hatte: eine öffentliche Belobigung. Der gute Meister soll damals erklärt haben: „Viele spielen ja schneller und vielleicht gewandter als der Petzet, aber keiner so musikalisch". Das verriet mir Professor Eiehrl. Nun war also die Bekanntschaft mit dem Orchester angeknüpft, und mutig wagte ich den höchsten Versuch: ich schrieb eine Sinfonie während des letzten Studienjahrs bei meinem Meister. Auch diese wurde ein- gehend besprochen, praktisch studiert und erst nach ihrer Vollendung meinte der weise Mentor: „Nun könnten Sie einmal Lieder mit Klavierbegleitung probieren". Hiermit hatte ich Übereifriger be- kanntlich beginnen wollen.
	        

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