Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 152 — ligen „Neutöner" in unsere Arbeiten ein, um zu sehen, welchen Eindruck sie auf den Meister machten. Nur zu bald waren wir durch- schaut. Äußerungen wie z.B. „Ich bin nicht gegen eine kühne Modulation, wenn sie nicht häßlich und abstoßend ist", waren das Resultat unserer Experimente. Ich selbst holte mir dabei einmal eine klare, sachliche Abfuhr, die meine stürmische, voreilige Begei- sterung rechtzeitig in die Schranken wies und mir im späteren Le- ben gar manchmal von Nutzen gewesen, ist. In solchen Fällen bewies der Meister, welches Maß an Fein- fühligkeit und überlegenem Humor ihm eigen gewesen ist. Ich könnte mir unter den lebenden Meistern nur einen denken, der ihm hierin gleichkäme und ihn auch als Lehrer zu ersetzen vermöchte: Richard Strauß. In der unbedingten Verehrung für Mozart und im Prinzip, dem musikalischen Nachwuchs die Gefahren der Überspannung^ überzeugend klarzumachen, sind diese beiden Künst- ler sehr nah verwandt. Wenn Rheinberger seinerzeit den hohen Flug des Straußischen Schaffens nicht voraussehen konnte, indem er nur dessen „schönes Talent'' für Komposition" anerkannte, so darf ihm dies nicht allzu übel angerechnet werden. Er stand und steht da auch heute noch nicht allein. Und wenn dabei die Bezeichnung „Irrwege" mit unterlief, so dürfte ihr kein allzu tragischer Sinn beizumessen sein. Dem Musiker Strauß hat Rheinberger jedenfalls gegeben, was des Musikers ist. Mehrfach wurde ja den Äußerungen des Meisters eine falsche Deutung untergeschoben, indem der Situation, der sie entsprangen, nicht genügend Rechnung getragen wurde. So brachte einer meiner Studiengenossen, gebürtiger Italiener, eine Orchesterkomposition in Vorlage, wollte es aber durchsetzen, daß der Meister zuerst eine auf feinstes Büttenpapier geschriebene, mit schönen färbigen Seiden- schnüren zusammengebundene „Erläuterung" lese. Dieser schob das etwas umfangreiche Manuskript, vielleicht war's eine Dichtung oder, Novelle, vorerst beiseite und vertiefte sich in die Partitur. Jeden- falls verfuhr er nach dem Schumännschen Rezept: „Erst laß mich sehen, oh du gute Musik gemacht hast, dann kannst du mir auch dein 16. 
Siehe dessen Vorrede zur Jnstrumentationslehre von Berlioz. 17. Rheinberger pflegte den 
Ausdruck „schönes Talent" öfters anzu- wenden.
	        

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