Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1940) (40)

— 121 — 1867 vermählte sich Rheinberger mit einer sehr gebildeten und sprachenkundigen Offizierswitwe. Sie wurde ihm eine treue Lebens- gefährtin, regte ihn durch viele ihrer Dichtungen, die sie unter dem Namen Fanny von Hoffnaaß veröffentlichte, zu Kompositionen an und war unermüdlich bestrebt, dem leidenden Manne ein behag- liches Heim zu bieten. Die feinfühlige Art dieser Frau klang stets durch Rheinbergers späteres Leben, und von ihr hatte er manche Vorurteile gegen die neue Musik, die er früher nie besessen. Ihr Bericht „Aus der Heimat", in dem sie die Iugendgeschichte ihres Mannes festhalten wollte, ist leider unvollendet geblieben. Sie starb, vom Gatten tiefbetrauert, am 31. Dezember 1892. An äußeren Ehrungen fehlte es Rheinberger nicht. Seit 1877 war er Königlicher Hofkapellmeister und hatte als solcher die Kir- chenmusik der Allerheiligen-Hofkirche zu leiten. Papst Leo XIII. er- nannte ihn zum Ritter des Eregoriusordens, Bayern zum Ritter der bayrischen Krone, womit der persönliche Adel verbunden war, der Prinzregent verlieh ihm den Eeheimrat-Titel. Die Akademie der Künste in Berlin erwählte ihn 1884 zu ihrem Mitglied, und die Universität München ehrte ihn mit der Verleihung des Ehren- doktorates. Johannes Vrahms fand unsern Meister geistesverwandt mit Schubert. Hans von Bülow trat stets mit Wort und Tat für seine Werke ein. Trotzdem blieb dem Künstler in den Jahren seines reif- sten Schaffens der durchgreifende Erfolg versagt. Die musikalischen Verhältnisse hatten sich zugunsten der neuen Musik verändert, und Rheinberger wurde ein Schicksalsgenosse Draesekes,Bruchs und Naffs. Aber er schuf aus innerem Drang und der Erkenntnis, daß er der Welt was zu sagen habe. Werk auf Werk und brachte es (die Ju- gendweihe nicht eingerechnet) auf die Opuszahl 197, wozu noch viele Schöpfungen ohne Opuszahlen kommen. Er ist der vielseitigste der Nachklassiker; er hat die Musik in solchem Formenreichtum gepflegt wie nur wenige der großen Komponisten. Als schaffender Künstler stand er zeitlebens der Wagner-Lisztschen, aber auch der Vrahm- schen Richtung fern, beide gingen ihm, wie er Wilhelm Kienzl offen- herzig gestand, „gegen den Strich". Er war in seinem Schaffen ein eigener, was jedoch für ihn spricht. Wohl zeigen manche Werke einen Stil, der dem Brahmschen nicht allzu fernesteht, und einige Zeit hatte er sogar dem Wagnerischen Kreis zugeneigt, aber sein 7
	        

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