- 54 - und ist links des Rheines nach Süden weitergetragen worden. Sie hat südlich von Liechtenstein noch einmal den Rhein über- schritten und die erwähnten Orte in der Bündner Herrschaft besetzt. Die heutige Verbreitung bestimmt den Weg dieser Erschei- nung eindeutig. Die Dehnung in offener Silbe fehlt im nörd- lichen St. Galler Rheintale, sie tritt auf der linksrheinischen Seite erst in Sennwald, Garns, Buchs auf. So bleibt keine andere Möglichkeit anzunehmen übrig. Indessen zeigt diese Bewegung eine Richtung, die auf die Betrachtung anderer mundartlicher Eigentümlichkeiten hin- führt. Aus den bisher angezogenen Fällen wurde der enge Zu- sammenhang zwischen den liechtensteinischen und vorarlber- gischen Mundarten, insbesondere jenen des vorarlbergischen Rheintales, ersichtlich. Der südliche Teil Liechtensteins zeigt mehr und durchaus klare Zusammenhänge mit dem südlichen Vorarlberg, also mit dem Hl- und Klostertale. Durch diese Bewegung der Dehnung in offener Silbe wird jedoch ein Zusammenhang zwischen dem nördlichen Liech- tenstein und der benachbarten Schweiz hergestellt und ein ähnlicher Zusammenhang zeigt sich auch noch hinsichtlich einiger anderer Lauterscheinungen. Das ist immerhin auf- fallend, wenn man bedenkt, daß, wie bereits erwähnt wurde, mit der Westgrenze des Fürstentums zusammenfallend die wichtige Grenze kchalt/chalt für neuhochdeutsches „kalt" ver- läuft. Bekanntermaßen ist in den oberdeutschen Mundarten, also auch im alemannischen, der mittelhochdeutsche Doppellaut uo und dessen Umlaut üe sowie der Doppellaut ie erhalten ge- blieben, während in der Schriftsprache ein langer Vokal dafür eingetreten ist. Es handelt sich hier um Wörter wie neuhoch- deutsch „gut, Bruder, Blut, Güte, Füße, Lied, gießen, lieben" usw. Es wird also im gesamten Alemannischen gaat, blnat, fuaß, ffiaß, liad, giaßa (z. B. als Bachname) gesprochen. Die Ausnahmen von dieser- Regel sind nur geringfügig, aber des- halb um so auffallender.