- 53 - chung gedehnt werden, es ist also die Dehnung eine Vorbe- dingung für diese Entwicklung. Die Mundarten in Liechtenstein verhalten sich in dieser Hinsicht verschiedenartig und wiederum muß der nördliche Teil des Landes vom Süden getrennt werden. Auch in diesem Falle stellt Schaan ungefähr die Grenze zwischen beiden Lan- desteilen dar. Im nördlichen Teile haben wir heute die Aus- sprache mit langem Vokal, es heißt z. B. laada, waaga, faada, wie in der neuhochdeutschen Schriftsprache für „Laden, Wagen, Faden"; im Süden dagegen, wie im Mittelhochdeutschen, lada, waga usw. mit kurzem Vokal, womit die alten Verhältnisse bewahrt sind. Das nördliche Liechtenstein hängt also auch in dieser Hinsicht mit dem vorarlbergischen Rheintale zusammen, denn auch diese Erscheinung ist von dorther nach Süden gedrungen. L'nd es ist natürlich kein Zufall, daß diese Dehnung in offener Silbe in Liechtenstein gerade so weit nach Süden reicht wie die Brechung von i und u und man kann aus dieser geogra- phischen Uebereinstimmung den Zusammenhang zwischen beiden Erscheinungen erkennen. Aber es besteht hier eine merkwürdige Schwierigkeit. Der Süden des Landes hat die alte kurze Aussprache bewahrt, ebenso wie im Osten das III- und Klostertal, im Norden Appen- zell. Aber südlich von Liechtenstein tritt diese Dehnung in der Bündner Herrschaft wieder auf, und zwar rechts des Rheins in den am Rheine gelegenen Orten, also scheinbar ohne jeden geographischen Zusammenhang mit der Dehnung im nördlichen Liechtenstein und im vorarlbergischen Rheintal. Es besteht aber dennoch ein direkter Zusammenhang zwischen den beiden Gebieten. Diese Dehnung ist durch das vorarlbergische Rheintal nach Süden bis Schaan vorgedrungen. Die Grenze ist hier nicht ganz scharf, denn man kann in Schaan wie bei der Brechung von i, u zu ia, ua Doppelformen hören. Im nördlichen Liechtenstein ist nun die Dehnung nach Westen über den Rhein in das schweizerische Rheintal übergetreten