Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1931) (31)

- 35 - Genuß ihm bisher als weltlichem Oberhaupte, als Präses zuge- kommen waren: was ihm aber als Bischos zustand, sollte ihm verbleiben. Graf Roderich 
gab sich aber nicht damit zufrieden, die vom Kaiser geforderte Trennung des Staatsgutes vom Kir- chengute in allerschärsster Form durchzuführen, sondern er streckte seine Hände auch nach dem Kirchengute aus, indem er Ansprüche aus einen Teil des Eigentums der Churer Bischöfe machte. Statt eine Entscheidung auf rechtlichem Wege herbeizu- führen, schritt er einfach zu roher Gewalt, und da er in seiner Stellung als Gaugraf als reichsunmittelbar, d. h. als direkt unter dem König stehend, galt, war er auch nur beim König zu belangen^). Bei dieser Sachlage wurde auch die Abtei Pfäfers und damit auch das ganze Gebiet unterhalb der Landquart zu beiden Seiten des Rheins (Liechtenstein, Sarganserland, Werdenberg) aufs schwerste in Mitleidenschaft gezogen. Denn Noderich betrachtete jede Kirchliche Stiftung, die unter dem Ein- fluß des Churer Bischofs in einer Zeit entstanden ist, in welcher die bischöfliche nnd gräfliche Gewalt in einer Hand vereinigt waren, nach Trennung der Gewalten als eine Art Eigen - Kirche der fränkischen Könige und daher der g r 
ä s - lichen Gewalt unterstehend. Wiederholte mündliche und schriftliche Beschwerden des Bischofs von Chur hatten bei König Ludwig wahrscheinlich deshalb Keinen Erfolg, weil Roderich am Königlichen Hofe Gönner und Verteidiger besaß. So Kam es, wie aus einem Schreiben des Bischofs an den König sich ergibt, daß von 230 Kirchen, welche man damals in Churrätien zählte, dem Bischof nur 6 Taufkirchen und 25 Kirchen niederen Ranges und diese noch übel zugerichtet und geplündert verblieben, daß die Stiftung für die Armen ihm entrissen, die Domkirche in Chur geplündert und selbst die Leiber der Heiligen, darunter derjenige des hl. Lucius, geraubt, die bischöfliche Wohnung mit Ge- walt der Waffen angefallen und bis auf den Turm zerstört wurde^). Erst als Bischof Victor III. von Chur auf den Rat des Kaiserlichen Sohnes Lothar den König ein zweites Mal persönlich aussuchte, erwirkte er eine Unters uchungs- Kommission, bestehend aus dem Bischof Bernold von
	        

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