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- Schütz' uns vor Raubtieren, sei unser Hort! Bann' dem Bären die Tatzen, dem Wolf den Fang, Verschließ' dem Luchs den Zahn, dem Stein den Gang, Sperr' der Leue die Bahn, dem Wurm den Schweif, Zertritt dem Raben den Schnabel, die Kralle dem Greif! Sankt Theodul, du heiliger Schutzpatron, Bitte für uns bei Gott am Himmelsthron! Sankt Sebastian, hör' unser Bitten und Flehen, Laß' Kein Unglück zu Holz noch zu Stein geschehen! Sankt Cyprian, Fürbitter in aller Not, Bewahr uns vor Unfall und jähem Tod! Sankt Wendelin, Heiliger mit dem Hirtenstab, Recht wende du und weise unsere Hab'! Lieber Sankt Veit, weck' aus uns zu rechter Zeit, Behüt' uns in unserm Tal Allhie und überall! Das geschehe im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit Und in Gottes höchster Dreieinigkeit! Oho, behüt' uns Gott! Oho. behüt' uns Gott! Oho, erhalt' uns Gott! Juhu! Juhu! Dieses Ave erscheint, abgesehen von der Kindlich naiven Fröm- migkeit und Hingebung des Hirten an Gott, die göttliche Mutter und auserwählte allgemeine und heimatliche Schutzheilige, so- wohl in ethnologischer wie auch in religionsgeschichtlicher Hin- sicht beachtenswert. Der vorliegende Hirtensegen ist möglicher- weise ein Ueberrest alter Walliser Kultur in Liechtenstein. Die, Liechtensteinischen Gemeinden Planken und Triesenberg sind Walliser Siedlungen. Während in Planken die Erinnerung an die Stammesgemeinschaft mit dem Wallis stark verblaßt ist, zeigt in Triesenberg, der den sogenannten Alpen von Malbun und Sücka nächst gelegenen Siedlung, dre Mundart Walliser Gepräge. Auch die besondere Anrufung des Hl. Theodul, des Schutzpatrons der Walliser sowie die Richtung des singenden Hirten ans der