Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1903) (3)

— 51 — brück. Derselbe war früher in Feldkirch angestellt und besorgte 'im Jahre 1877 nach dem Wegzuge des Landrichters Keßler während sechs Wochen substitutionsweise unser.Landgericht. Er sagt in seinem Gutachten, daß' das Gesetz den heutigeu Ver- hältnissen mit Geschick angepaßt sei und allen billigen Anfor- derungen entspreche, wenn man nun ciumal mit dem alten Verfahren von 1803 nicht ganz habe brechen wollen. Wie er das Ländchen und seine Verhaltnisse kenne, könne sich dasselbe unmöglich den Luxus einer großstnntlichen, modernen Straf- rechtspslege, mit Sta'atsanwalt und Geschwornen, gönnen — eine derartige Einrichtung wäre für uns zu tener und in Anbetracht der Mängel, die sich da und dort zeigen, nicht empfehlenswert. Es liege daher im wohlverstandenen Interesse des Fürstentums, statt eine neue Strafprozeßordnung auf gänzlich geänderter Grundlage zu schaffen, die bestehende tunlichst und zeitgemäß zn verbesseru und dies geschehe durch das geplante Gesetz. Dr. Nenner empfiehlt dann mehrere wertvolle Ergänz- ungen, die zumeist im Gesetze verwertet wurden. So unter anderein die gesetzliche Festlegung der Znlässigkeit der Beruf- ung gegen die Haft an das Obergericht, die Beschränkung der sogenannten Kollusionshnft auf 2 eventuell 3 Monate u. f. w. Zur Motivierung des ersteren Punktes, der im Gesetze auch Aufnahme fand, äußert er: Die persönliche Freiheit müsse zu- mal in einem Lande, das. sich einer so freisinnigen Verfassung erfreue,' wie das Fürstentum Liechtenstein, unter allen Um- ständen hochgehalten werden. Es könne also dieses kostbare Gut nicht von einem endgiltigen Beschlusse des Landrichters, der die Kriminalhaft zu, verhängen finde, allein abhängig ge- macht bleiben, sondern es empfehle sich dringend die Zulässig- keit der Beschwerde gegen die Haft an das Obergericht. Anschließend an diese kurze Besprechung des umfangreichen fachmännischen Gutachtens sei noch erwähnt, daß der Landtag inbezug auf die Besetzung des-Richterkollegiums sich für 4 Schöffen neben deu 3 rechtskundigen Richtern ausgesprochen hatte/ aber bei der Regierung entschiedenen Widerstand fand, so daß die An- zahl der Schöffen im Sinne des Entwurfes auf 2 beschränkt blieb. Mit der Schaffung der Strafprozeßnovelle war ein sehr wichtiger Fortschritt auf dem Gebiete des Justizwesens zustande
	        

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