Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1903) (3)

— 175 Virtuosen und Komponisten Johann Georg Herzog im Orgel- spiel und Julius Josef Mai er, den gelehrten Konser- vator der reichen musikalischen Abteilung der Münchner Biblio- thek, im Kontrapunkt und in-der Komposition. Alle drei nahmen sich mit Freuden ihres lernbegierigen, reichbegabten Schülers an. Besonders letzterem Lehrer aber verdankt Rheinberger wohl seine spätere, großartige Vollendung im Kontrapunkt. Auch außerhalb der Anstalt fand der Knabe rege För- derung, besonders seitens des Nniversitätsprofessors v. Schaf- häut l, eines vielseitig gebildeten Mannes, der noch zudem ein warmer Freund nnd respektabler Kenner der Musik und deren Litteratur war. Dieser erhielt 1853 den Auftrag, als Minifterial- prüfungs-Kommissär bei dem Examen des kgl. Konservatoriums zu funktionieren, behufs Erstattung eines eingehenden Be- richtes über genannte Anstalt. Er erfreute sich an den frischen und sicheren Antworten, Klavier- und Orgelvorträgen des jungen Künstlers. Auf seine Anfrage, ob einer der Kandi- daten über ein gegebenes Thema eine vierstimmige Fuge auf der Orgel improvisieren könne, antwortete Rheinberger frisch und keck: „Ich kann's!" Sein Lehrer im Orgelspiel, Herzog, sagte: „Nein, das kannst Du uicht!" Ersterer blieb aber bei seiner Behauptung; Schafhäutl notierte das Thema, legte es auf das Notenpult, und der Schüler löste seine Ausgabe mit Kühnheit und Glückt) Der erfreute Professor regalierte nach beendigtem Examen den Glücklichen uud beschenkte ihn mit einer Mozartbiographie und einem „Arm voll" wertvoller Musikcilien. Schafhäutl's Haus und seine sehr reichhaltige Bibliothek standen Rheinberger von da ab stets offen; auch blieb Schafhäutl zeitlebens der Gönner, treueste Freund und Berater Josefs,- was nicht wenig zu dessen Geistes-, Herzens- und gesell- schaftlicher Bildung beitrug. Nheinberger's seltenes, außerordent- liches Musiktalent, sein eiserner Fleiß und sittlicher Ernst — der Grundzug seines ganzen Lebens — ermöglichten es, daß er 1854 sein Schlußexamen am Konservatorium - sowohl im Klavier- und Orgelspiel als auch in Kontrapunkt und Kom- position glänzend bestand, wofür Zeugnisse noch vorhanden Rheinberger erzählte mir 1858 in Vaduz diesen Vorgang selbst, fügte aber bei: „Jetzt würde ich dasselbe nicht mehr wagen."
	        

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