Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1902) (2)

— 64 — und Zorn schaut Mancher auf die Väter zurück, die solchem Wahne huldigten. Er bedenkt eben nicht, daß auch jetzt noch der Aber- glaube überall spuckt, daß er selbst vielleicht dem dümmsten Aber- glauben ergeben ist. Er bedenkt nicht, daß sogar der Hexen- Wahn noch nicht ausgestorbenist. Wie manche Männer gibt es z. B., die es sehr ungern haben, wenn eine Frauensperson ihnen den ersten Neujahrswunsch darbringt! Das bedeutet ihnen Unheil! In Wirklichkeit aber bedeutet diese Furcht nichts anderes, als den krassesten Hexen glauben, und so einer hat kein Recht auf seine Altvordern Steine zu werfen, oder gar in höchst un- christlicher Weise spätere Geschlechter für längst ent- schwundene verantwortlich zu machen. Uebrigens spielte der Hexenwahn unter Pfarrer Erny eine weniger blutige Rolle als wie unter seineni Vorgänger Mathys und seinem Nachfolger von Kriß. Das hinterlassene Vermögen der Hingerichteten fiel der Herrschaft zu und sollte dazu dienen, den zerrütteten Finanzen derselben aufzuhelfen. Wie viele und welche aus der Pfarrei Triefen als „Hexen" den Tod erlitten, wissen wir nicht; die Pfarrbücher enthalten keine Aufzeichnungen darüber. Nur unter dem Jahre 1651 erscheint der Name Niko- laus Tanner mit der Beifügung „ehemals verbrannt". Unter Pfarrer Jakob Erny wurde am 29. September 1654 die Muttergottes-Kapelle samt den drei neuen Altären durch Fürst- bischof Johann VI. von Chur konsekriert. Bei dieser Gelegenheit fand auch die Firmung in der Kapelle statt. Im Jahre 1648 war ein Mandat des Bischofs erschienen wegen der Türkengesahr; es wurden mehrtägige Andachten mit Aussetzung des hochw. Gutes, Prozessionen, Fasttage und Almosen angeordnet. Im Jahre 1651 erschien eine, Vermahnung von Seiten des Grafen, worin das Fluchen scharf getadelt und die Einhaltung Schaden an Tieren und Pflanzen, von Anrichtung eines grausamen Windes u. s. w. Und solche Dinge zn glauben vermochten, damals sogar die Ge- bildeten, nicht blos das Volk und nicht blos in den Landschaften Vaduz und Achellcnberg, sondern in ganz Deutschland nnd in der Schweiz! ES war eine ansteckende 
geistige Pest, viel schrecklicher als der schwarze Tod. ein Wahn, eine Narrheit, die Unzählige ohne Schuld auf die schreckliche Folter und von dort zum Tode führte. Man weiß nicht, wen man mehr bemitleiden soll, die Hingerichteten oder die Thoren, denen sie zum Opfer gefallen sind. —
	        

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