— 120 — waren von allen Verpflichtungen frei, mit Ausnahme der Wehr- pflicht gegen feindliche Ueberfällej sie hießen Sonderleute oder Semperfreie; andere waren zwar von Steuern frei, aber nicht von Frondiensten; wieder Andere hatten
Abgaben, Frondienste und Kriegsdienst zu leisten. Von gewissen Gütern mußte der Lehen- zins in Naturalien, Kleidern (Tuch) oder Waffen geliefert werden. So heißt ein Acker im Triesnerfeld
„die Helebarten", weil der Pächter jenes Gutes seinen
jährlichen Zins in solchen Waffen ent- richten mußte. Ein anderer Acker heißt der „Eieracker", weil der Pachtzins mit Eiern erlegt wurde. Heiraten sollten nur unter Leuten gleicher gesellschaftlicher Stellung geschlossen werden. Geschah dies nicht, so folgten die Kinder „der
schlechteren Hand"; d. h. wenn der Vater oder die Mutter leibeigen
war, so würden alle Kinder es auch. Wenn unter .Eigenleuten
verschiedener Herren Ehen eingegangen und Kinder vorhanden
waren, so wurden diese unter
die Herren geteilt. Wollte eine wegziehende Person fortan von Abgaben frei sein, so mußte sie sich auslösen und den „Abzug" bezahlen, wenn sie in ein Gebiet auswanderte, das jenseits des Arlbergs, oder des Bodensees, oder des Walensees, oder der Lanquart lag. Starb ein leibeigener Gutsbesitzer, oder
der Inhaber eines größeren
Erblehens, so mußte von seiner
fahrenden Habe das „Besthaupt" oder die „Kurmede", d. h. das beste Stück Vieh, oder das beste Bett, oder Kleid dem Grundherren überlassen werden. Das war der verhaßteste Tribut, der um das Jahr 1500 aber aufhörte. War eine bestimmte Reihe von Jahren verstrichen oder der Lehensherrn
gestorben, so mußte der Lehenmann dem neuen Lehensherrn eine bestimmte Summe Geldes geben, die man „Ehrschatz" oder „l^uckkmiuoa" nannte. Uebrigens konnte ein
Leibeigener sich auch aus ersparten Mitteln
loskaufen, so daß das Gut, auf dem er saß, sein Eigen- tum wurde. Nicht selten aber
begaben sich freie Leute freiwillig in die Leibeigenschaft, besonders in die der Klöster, um des Schutzes und
der Privilegien derselben teilhaftig zu werden. So übergab der oben erwähnte Ritter Ulrich von Richenstein sein Vermögen und sich selbst bem
Kloster Pfäfers, das
ihm, so lange er lebte, freien Lebensunterhalt und ein schönes Taschengeld geben mußte. Oft auch waren
die Herren zu Zeiten der Not gezwungen, ihren