Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (1912) (12)

- 35 - nommen^) Das neue Gesetz beseitigte die KZ 5, 6, 11 und 104 der allgemeinen Gerichtsordnung nnd damit den in diesen Para- graphen aufgezwungenen Formalismus, welcher zu überflüssigen Weitläufigkeiten in den Satzschristen und Prozeßreden geführt hatte. Statt dessen wurden nene zweckmäßige Bestimmungen getroffen, welche die Beweispflicht von den Widersprechungen unabhängig feststellen und das Verfahren vereinfachen. Die zweite Regierungsvorlage enthält Zusatzbestimmungen zur Strafprozeß Novelle vom 24. August 1881 uud beabsichtigte die modernen Prinzipien im Strafverfahren einiger- maßen auch bei uns zur Geltung zu bringen. Als wichtige Neuerung war im Entwürfe die Einführung eines Berufungsrechtes der Regierung geplant. Als Motive wurden angeführt: Nach dem dermaligen Stande der liechtensteinischen Strafgesetzgebung stehe ein Berufuugsrecht gegcu die vom Gerichte geschöpften Urteile abgesehen von dem Beschuldigten nur dem Beschädigten zu. In- folgedessen sei die Aenderung eines strafgerichtlichen Urteiles der ersten Instanz zu Ungunsten des Beschuldigten überhaupt ausge- schlossen. Nun können sich Fülle ergeben, in welchen das Urteil der ersten Instanz aus allgemeinen staatlichen Rücksichten einer Aenderung auch zu Ungunsten des Beschuldigten dringend bedürfen würde. Da die Verhältnisse des Landes die Schaffung einer besondern Behörde, welcher, wie anderswo den Staatsanwaltschaften, die Wahrung des staatlichen Interesses in der Strafrechtspflege übertragen werden könnte, dermalen untunlich erscheinen lassen, so sei es zweckmäßig, diese Obliegenheit der fstl. Regierung zu übertragen, welche — auch sonst mit der Wahrnehmung der Be- dürfnisse des Staates und mit der Ueberwachung des gesetzmüßigen Geschäftsganges des Landgerichtes betraut zunächst in der Lage sei, die Entscheidungen des Gerichtes zu prüfen und nötigen Falles die etwa notwendige Korrektur beim Obergerichte anzu- regen. Eine weitere belangreiche Aenderung sieht der Entwurf vor, indem er an Stelle der umständlichen formellen Beweisregeln das Prinzip der freien Beweiswürdigung einführt. Die mit der Vorberatung des Entwurfes betraute Laudtagskommission erkannte in den meisten Bestimmungen eine erhebliche Verbesserung unserer Jnstizpflege, erklärte sich aber gegen das der Regierung übertragene >) L. G. B. Nr. 1. 1907. Gesetz vom 26. Dezember 190S.
	        

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