GESCHICHTE DES LAIENRICHTERTUMS IN
LIECHTENSTEIN / ALOIS OSPELT
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tionsanalyse und der Erarbeitung der Gesetzesvor
lagen für die Gerichtsorganisation, die Richterbe
stellung und den Richterdienst wurde hinsichtlich
der Zusammensetzung der Gerichte kein besonde
rer Änderungsbedarf festgestellt. Der Einsatz von
Laienrichtern wurde allerdings tangiert. Die Laien
beteiligung an der Gerichtsbarkeit an sich hingegen
wurde wie schon im Zusammenhang mit der Verfas
sungsrevision weder grundsätzlich näher unter
sucht, noch in irgendeiner Weise in Frage gestellt. 261 262 263 264 265 266 267 268 269 270 271 272
Das neue Gerichtsorganisationsgesetz enthält ei
ne Definition der vollamtlichen und nebenamtlichen
Richter und bestätigt generell die Verpflichtung zur
Besetzung der Kollegialgerichte mit einer Mehrheit
von Richtern mit liechtensteinischer Staatsbürger
schaft. Für die Zuständigkeiten und Rechtsmittel der
ordentlichen Gerichtsbarkeit hat das Gesetz keinen
Einfluss. Die Zusammensetzung der speziellen
Spruchkörper des Landgerichts (Kriminal-, Schöf
fen- und Jugendgericht) und des Obergerichts lässt
es unverändert. 273 Im Obersten Gerichtshof werden
neu zwei Senate gebildet und in beiden Senaten eine
zwingende Mehrheit von rechtskundigen Mitglie
dern festgelegt. Begründet wurde die Neuerung da
mit, dass es in der obersten Rechtsmittelinstanz vor
allem um die Entscheidung von grundsätzlichen
Rechtsfragen gehe. 274
Staatsgerichtshof
Auch für den Staatsgerichtshof ergaben sich, ausge
löst durch die Verfassungsrevision von 2003, gesetz
liche Änderungen bezüglich Amtsdauer, Bestellung
und Besetzung. 275 Dabei stellte sich auch die Frage,
ob die Besetzung des Staatsgerichtshofs mit Laien
den aktuellen Ansprüchen noch gerecht werde. Vor
allem für die Gerichte des öffentlichen Rechts war
schon früher «ein höheres Mass an Professionalisie-
rung und liechtensteinbezogener Rechtskompe
tenz» gefordert worden. 276 Im neuen Staatsgerichts
hofsgesetz wurde festgelegt, dass der fünfköpfige
Gerichtshof mehrheitlich mit Liechtensteiner und
mit rechtskundigen Richtern besetzt sein musste. 277
Da es in Liechtenstein jahrzehntelang nur einen
hauptamtlichen Richter in der Person des einen
Landrichters gegeben und noch bis zu Beginn der
261) Vgl. dazu: Pallinger; Wille, Herbert: Gerichtswesen seit 1921.
Artikel im Historischen Lexikon für das Fürstentum Liechtenstein.
262) Verfassungsgesetz vom 16. März 2003 über die Abänderung
der Verfassung vom 5. Oktober 1921 (LGB1. 2003, Nr. 186).
263) Ebenda, Art. 97, 100, 102, 105.
264) Ebenda, Art. 102.
265) Ebenda, Art. 96.
266) Ebenda, Art. 95 Abs. 1. Siehe auch: Gesetz vom 27. November
2003 über die Abänderung der Zivilprozessordnung (LGB1. 2004,
Nr. 34), § 413.
267) Gesetz vom 26. November 2003 über die Bestellung der Richter
(Richterbestellungsgesetz, RBG), LGB1. 2004, Nr. 30.
268) Gesetz vom 26. November 2003 über die Abänderung des
Gerichtsorganisations-Gesetzes (LGB1. 2004, Nr. 31).
269) Vgl. dazu oben S. 56-65, S. 76 und S. 80 f.; Oehry, Fürst und
Volk, S. 146.
270) Gesetz vom 26. November 2003 über die Bestellung der Richter
(Richterbestellungsgesetz, RBG), LGB1. 2004, Nr. 30, Art. 3 und 11
bis 14.
271) Organisationsanalyse des Fürstlichen Land- und Obergerichts
sowie des Obersten Gerichtshofs. Schlussbericht (Definitive Fas
sung). Ernst & Young AG, Bern (3. Dezember 2004).
272) Vgl. Organisationsanalyse des Fürstlichen Land- und Oberge
richts sowie des Obersten Gerichtshofs. Schlussbericht (Definitive
Fassung). Ernst & Young AG, Bern (3. Dezember 2004); Vernehmlas
sungsbericht der Regierung betreffend die Schaffung eines Gerichts
organisationsgesetzes, 22. September 2006; Vernehmlassungsbe
richt der Regierung betreffend die Schaffung eines Richterdienstge
setzes, 22. September 2006; Bericht und Antrag der Regierung an
den Landtag betreffend die Schaffung eines Gerichtsorganisationsge
setzes (GOG), Nr. 53/2007, 30. April 2007; Bericht und Antrag der
Regierung an den Landtag betreffend die Schaffung eines Richter
dienstgesetzes (RDG), Nr. 54/2007, 30. April 2007.
273) Gesetz vom 24. Oktober 2007 über die Organisation der ordent
lichen Gerichte (Gerichtsorganisationsgesetz; GOG), LGB1. 2007, Nr.
348, Art. 7-9 und 19.
274) Ebenda, Art. 23; Bericht und Antrag der Regierung an den
Landtag betreffend die Schaffung eines Gerichtsorganisationsgeset
zes (GOG), Nr. 53/2007, 30. April 2007, S. 29. In der Vernehmlas
sungsvorlage war eine solche Mehrheitsklausel noch nicht vorgese
hen gewesen (vgl. Vernehmlassungsbericht der Regierung betreffend
die Schaffung eines Gerichtsorganisationsgesetzes, 22. September
2006, S. 17 u. 44 f.).
275) Gesetz vom 27. November 2003 über den Staatsgerichtshof
(StGH), LGB1. 2004, Nr. 32.
276) Waschkuhn, Justizrechtsordnung, S. 46 f.
277) Gesetz vom 27. November 2003 über den Staatsgerichtshof
(StGH), LGB1. 2004, Nr. 32, Art. 9.