Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2010) (109)

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aufwand, Anforderungsprofil, Verhaltenskodex u. a. 
vermisst. Er erinnerte an die grosse Verantwortung 
der Laienrichter angesichts ihrer Mehrheit in den 
Kollegialgerichten. Es wäre «dem Ansehen der Ge 
richte und dem Vertrauen des Volkes in sie zweifels 
frei ein guter Dienst», wenn die Frage der Laienrich 
ter in der ganzen Breite und nicht bloss über Ausbil 
dungskurse behandelt würde, schloss der Abgeord 
nete seine Ausführungen. 247 Für den Landtagspräsi 
denten waren in dieser Thematik viele Fragen nicht 
beantwortet. Er sah den Hauptgrund für die Bestel 
lung von Laienrichtern darin, «dass ein Kollegialge 
richt nicht ausschliesslich mit Fachkräften besetzt 
sein soll,... nicht ausschliesslich mit Juristen, damit 
der gesunde Menschenverstand, ... praktische Er 
wägungen, aus dem Leben gegriffene Überlegun 
gen» berücksichtigt würden. 248 Dieser Gedanken 
austausch war eine von insgesamt recht seltenen In 
formationen, die sich im Schriftgut der liechtenstei 
nischen Behörden zur Thematik der Laienrichter 
gefunden haben. 
Im Jahre 2000 wurde das Gerichtsorganisations 
gesetz mit Bezug auf das Kriminalgericht abgeän 
dert. 249 Der Geschäftsanfall beim Kriminalgericht 
hatte sich wesentlich erhöht, so dass es immer 
schwieriger geworden war, bei der vorgegebenen 
Gerichtsbesetzung die notwendigen drei Kriminal 
richter (Laien) zu finden. Gerade in Bezug auf die 
Einsetzung der Laienrichter hatten sich immer öfter 
Probleme ergeben, die auf die starke zeitliche Belas 
tung dieser Personen zurückzuführen waren. Die 
Änderung machte es möglich, dass vom Landtag für 
den Präsidenten und für die drei Kriminalrichter je 
zwei Stellvertreter gewählt werden konnten. Bis da 
hin waren für die drei Kriminalrichter nur zwei Er 
satzrichter vorgesehen. Die Zusammensetzung des 
Kriminalgerichts wurde unverändert belassen, 
auch die Organisation der Einzelgerichtsbarkeit in 
Strafsachen und des Schöffengerichts wurde nicht 
berührt. Der bevorstehenden grossen Reform der 
Gerichtsorganisation wurde nicht vorgegriffen. 250 
LAIEN IN KOMMISSIONEN MIT 
VERWALTUNGSGERICHTLICHEN FUNKTIONEN 
UND IN DER SCHIEDGERICHTSBARKEIT 
Bei den Kommissionen mit verwaltungsgerichtli 
chen Funktionen kamen vornehmlich zwei Haupt 
funktionen deutlich zum Tragen, mit denen u. a. die 
Mitwirkung von Laien in den ordentlichen Gerich 
ten begründet wird: einerseits das Einbringen von 
besonderen Berufs- und Fachkenntnissen, anderer 
seits die Sicherung der Volksnähe, das Einbringen 
von Gerechtigkeitsvorstellungen des Volkes sowie 
die Stärkung seines Vertrauens in die Justiz und in 
den Staat. Die Errichtung dieser Kommissionen 
zeigte auch ein gewandeltes Staatsverständnis. Die 
se sind alle erst nach der Verfassung von 1921 ge 
schaffen worden. 
Landessteuerkommission 
Die 1923 errichtete Landessteuerkommission hatte 
Beschwerden gegen Entscheidungen der Gemein 
desteuerkommissionen oder der Steuerverwaltung 
zu behandeln. Ihre fünf Mitglieder und drei Ersatz 
männer wurden vom Landtag gewählt. Jede der bei 
den Landschaften Vaduz und Schellenberg musste 
in der Kommission durch mindestens zwei Mitglie 
der vertreten sein. Jeder Landesbürger war ver 
pflichtet, eine auf ihn gefallene Wahl anzuneh 
men. 251 Das neue Steuergesetz von 1961 enthielt 
keine Bestimmung mehr über die Berücksichtigung 
der beiden Landschaften, änderte sonst aber nichts 
an Funktion und Zusammensetzung der Kommissi- 
Landes-Grundverkehrskommission 
Die Landes-Grundverkehrskommission wurde 1941 
errichtet. Sie bestand aus dem Landrichter als Vor 
sitzendem, einem Vertreter der Regierung und «je 
einem Mitgliede des Bauern-, Gewerbe- und Arbei 
terstandes, welche drei vom Landtage auf ein Jahr 
gewählt werden». Auch für die Wahl in diese Kom 
mission galt Amtszwang. Die Kommission war zu 
ständig für Beschwerden gegen Entscheidungen der 
Gemeinde-Grundverkehrskommissionen. 253 1959 
änderte sich die Zusammensetzung der Landes-
	        

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