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aufwand, Anforderungsprofil, Verhaltenskodex u. a.
vermisst. Er erinnerte an die grosse Verantwortung
der Laienrichter angesichts ihrer Mehrheit in den
Kollegialgerichten. Es wäre «dem Ansehen der Ge
richte und dem Vertrauen des Volkes in sie zweifels
frei ein guter Dienst», wenn die Frage der Laienrich
ter in der ganzen Breite und nicht bloss über Ausbil
dungskurse behandelt würde, schloss der Abgeord
nete seine Ausführungen. 247 Für den Landtagspräsi
denten waren in dieser Thematik viele Fragen nicht
beantwortet. Er sah den Hauptgrund für die Bestel
lung von Laienrichtern darin, «dass ein Kollegialge
richt nicht ausschliesslich mit Fachkräften besetzt
sein soll,... nicht ausschliesslich mit Juristen, damit
der gesunde Menschenverstand, ... praktische Er
wägungen, aus dem Leben gegriffene Überlegun
gen» berücksichtigt würden. 248 Dieser Gedanken
austausch war eine von insgesamt recht seltenen In
formationen, die sich im Schriftgut der liechtenstei
nischen Behörden zur Thematik der Laienrichter
gefunden haben.
Im Jahre 2000 wurde das Gerichtsorganisations
gesetz mit Bezug auf das Kriminalgericht abgeän
dert. 249 Der Geschäftsanfall beim Kriminalgericht
hatte sich wesentlich erhöht, so dass es immer
schwieriger geworden war, bei der vorgegebenen
Gerichtsbesetzung die notwendigen drei Kriminal
richter (Laien) zu finden. Gerade in Bezug auf die
Einsetzung der Laienrichter hatten sich immer öfter
Probleme ergeben, die auf die starke zeitliche Belas
tung dieser Personen zurückzuführen waren. Die
Änderung machte es möglich, dass vom Landtag für
den Präsidenten und für die drei Kriminalrichter je
zwei Stellvertreter gewählt werden konnten. Bis da
hin waren für die drei Kriminalrichter nur zwei Er
satzrichter vorgesehen. Die Zusammensetzung des
Kriminalgerichts wurde unverändert belassen,
auch die Organisation der Einzelgerichtsbarkeit in
Strafsachen und des Schöffengerichts wurde nicht
berührt. Der bevorstehenden grossen Reform der
Gerichtsorganisation wurde nicht vorgegriffen. 250
LAIEN IN KOMMISSIONEN MIT
VERWALTUNGSGERICHTLICHEN FUNKTIONEN
UND IN DER SCHIEDGERICHTSBARKEIT
Bei den Kommissionen mit verwaltungsgerichtli
chen Funktionen kamen vornehmlich zwei Haupt
funktionen deutlich zum Tragen, mit denen u. a. die
Mitwirkung von Laien in den ordentlichen Gerich
ten begründet wird: einerseits das Einbringen von
besonderen Berufs- und Fachkenntnissen, anderer
seits die Sicherung der Volksnähe, das Einbringen
von Gerechtigkeitsvorstellungen des Volkes sowie
die Stärkung seines Vertrauens in die Justiz und in
den Staat. Die Errichtung dieser Kommissionen
zeigte auch ein gewandeltes Staatsverständnis. Die
se sind alle erst nach der Verfassung von 1921 ge
schaffen worden.
Landessteuerkommission
Die 1923 errichtete Landessteuerkommission hatte
Beschwerden gegen Entscheidungen der Gemein
desteuerkommissionen oder der Steuerverwaltung
zu behandeln. Ihre fünf Mitglieder und drei Ersatz
männer wurden vom Landtag gewählt. Jede der bei
den Landschaften Vaduz und Schellenberg musste
in der Kommission durch mindestens zwei Mitglie
der vertreten sein. Jeder Landesbürger war ver
pflichtet, eine auf ihn gefallene Wahl anzuneh
men. 251 Das neue Steuergesetz von 1961 enthielt
keine Bestimmung mehr über die Berücksichtigung
der beiden Landschaften, änderte sonst aber nichts
an Funktion und Zusammensetzung der Kommissi-
Landes-Grundverkehrskommission
Die Landes-Grundverkehrskommission wurde 1941
errichtet. Sie bestand aus dem Landrichter als Vor
sitzendem, einem Vertreter der Regierung und «je
einem Mitgliede des Bauern-, Gewerbe- und Arbei
terstandes, welche drei vom Landtage auf ein Jahr
gewählt werden». Auch für die Wahl in diese Kom
mission galt Amtszwang. Die Kommission war zu
ständig für Beschwerden gegen Entscheidungen der
Gemeinde-Grundverkehrskommissionen. 253 1959
änderte sich die Zusammensetzung der Landes-