FÜRSTLICHER SANITÄTSRAT DR. RUDOLF RHEINBERGER
1917 BIS 2009 / HARALD WANGER
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Als jüngstes der drei Kinder des Egon und der Maria
Rheinberger-Schädler kam Rudolf Rheinberger am
10. April 1917 im Roten Haus in Vaduz zur Welt. Die
Familie lebte damals vom November bis April im
Roten Haus, das seit 1809 im Besitz der Familie war.
Die übrige Zeit wohnte sie im Schloss Gutenberg,
das Egon Rheinberger als Ruine gekauft und von
1905 bis 1910 wieder aufgebaut hatte. So kam Rudolf
Rheinberger im Alter von kaum zwei Monaten auf die
Burg, wo er in der Folge grösstenteils aufwuchs.
Noch wütete der Erste Weltkrieg, und obwohl
Liechtenstein sich neutral erklärt hatte, waren Le
bensmittel knapp. Einzig Milch, die man beim Bau
ern direkt holte, gab es genug. Zudem hatten die El
tern bei der Burg einen Gemüsegarten angelegt. So
lebte man grösstenteils vegetarisch. - Nachdem
nach dem Ende des Krieges in der folgenden Inflati
on das Vermögen der Familie fast ganz vernichtet
wurde, beschloss man, in den Räumen der Burg
eine Gastwirtschaft zu errichten, die bald grossen
Zuspruch erfuhr. Nicht allein Leute aus der Umge
gend fanden sich ein, sondern auch bekannte Gäste
- von Kräuterpfarrer Johann Künzle über die Zep
pelin-Crew, die Schriftstellerin Grete Gulbransson
mit ihrem Sohn Olaf bis zum Maler und Grafiker
Ferdinand Nigg - trafen sich hier. In dieser Umge
bung wuchs Rudolf Rheinberger auf. Nicht allein,
dass ihm hier ein kleiner Teil der grossen Welt be
gegnete, in diesem Kreis öffneten sich ihm auch die
Anfänge der Kultur.
Auch der Vater Egon trug zu dieser Weiterbil
dung bei. Die Burg Gutenberg steht auf historischem
Grund und der Vater war Vorstandsmitglied im His
torischen Verein für das Fürstentum Liechtenstein.
Was lag näher, als dass er - erst zusammen mit Leu
ten des Vereinsvorstands, später auch in eigener Re
gie - mit der Erforschung der alten Mauern begann.
Gemeinsam mit den drei Söhnen entdeckte er die
heute berühmten Bronzefiguren aus dem 1. bis 5.
Jahrhundert vor Christus, den Hirsch, den Eber, wie
auch den «Mars von Gutenberg» sowie fünf weitere
Kriegerdarstellungen.
Bis Ostern 1928 ging Rudolf Rheinberger in die
Volksschule in Balzers, dann wechselte er nach
Feldkirch in die «Stella Matutina».
Der Eintritt in dieses altrenommierte Institut war für
Rudolf Rheinberger insoweit etwas Neues, als seine
beiden älteren Brüder Peter und Hans das Gymnasi
um in Schiers besuchten. Die Besorgnis der Mutter,
Rudolf könnte an Heimweh leiden, erwies sich als un
begründet; das Neue erfüllte ihn ganz. Neben den ei
gentlichen Schulfächern war es vor allem das Violin-
spiel, das den Ausgleich bot. Wunibald Briem und
Philipp Schmutzer d. J., der Enkel von Josef Rhein
bergers Lehrer, unterwiesen ihn im Instrumental
spiel, nachdem schon auf der Burg Gutenberg erste
Einführungen erfolgt waren. Bald konnte er bei Or
chestermessen mitspielen, und da er einen schönen
Sopran hatte, übertrug man ihm auch Solopartien bei
Aufführungen. Besondere Freude war es für ihn,
wenn Kompositionen seines Grossonkels Josef Ga
briel angesagt waren. - Auch den Sport als Ausgleich
zu den geistigen Fächern liebte er sehr.
In den Jahren 1933/34 war Pater Alfred Delp sein
Abteilungspräfekt. Pater Delp, der in Wort und
Schrift für eine Erneuerung der Kirche kämpfte,
wurde 1944 verhaftet und am 2. Februar 1945 hin
gerichtet.
Die Ferien waren meist prähistorischen Ausgra
bungen in und um die Burg gewidmet, die bald eu
ropaweit auf Interesse stiessen. Namhafte Professo
ren hielten Vorträge über Gutenberger Funde oder
kamen mit ihren Studenten zu Besichtigungen.
Am Ende des Schuljahres 1936 stand die Matura.
Da Rudolf Rheinberger aus eigener Anschauung
eine grössere Arbeit über «Vorgeschichtliches im
Rheintal» vorlegen konnte, wurde ihm das Fach
«Geschichte» erlassen. - Die Matura schloss Rudolf
Rheinberger «mit Vorzug» ab, das heisst, der ge
samte Notendurchschnitt lag unter 1,5, doch wurde
die Freude darüber bald getrübt, denn wenige Tage
nach dem grossen Erfolg kam die Nachricht vom
plötzlichen Tod des Vaters am 25. Juli 1936. Da in
dieser Zeit auch der Ertrag der Gastwirtschaft zu
rückgegangen war, machte man sich Gedanken zum
Verkauf von Gutenberg, ein Plan, der erst 1951 ab
geschlossen werden konnte.
Nach der Matura begann Rudolf Rheinberger das
Familienarchiv, das einen erheblichen Umfang hat
te, zu ordnen. Das war ein Unterfangen von nicht zu