38
.!№«■. 1 V'4it
Bei der Linde unterhalb
der Kapelle St. Florin in
Vaduz fanden die öffentli
chen Verhandlungen des
ordentlichen oder Zeitge
richts (Maien- und Herbst
gericht) der oberen Land
schaft statt.
Der Gerichtsort und
Landsgemeindeplatz ist
auf diesem Ausschnitt aus
der Bleistiftskizze der
Westansicht des Amtsvier
tels von Vaduz 1865 noch
gut erkennbar.
«Parthie aus Vaduz - das
sogenannte heilig Krüz -
wie es war anno 1865».
rem Land wissen wir recht gut Bescheid. 1492 er
weiterte der Kaiser die Gerichtsrechte der Grafen
von Brandis und gestattete ihnen, die Blutgerichts
barkeit nicht durch eigene Richter wahrnehmen zu
lassen, sondern diese an die Untertanen zu übertra
gen. 24 Es ist nicht klar, ob es sich dabei um eine neue
Ermächtigung oder um die Bestätigung einer schon
bestehenden Praxis handelt. Jedenfalls ist in diesem
Zusammenhang auch der Beginn der Ammannwahl
durch das Volk zu suchen. Der Zeitpunkt für die Ein
führung des Ammannwahlrechts und die Ersetzung
der herrschaftlichen Amtmänner (Ammänner)
durch aus den Untertanen stammende und von die
sen mitbestimmte Landammänner lässt sich aber
nicht mit Sicherheit bestimmen.
Das Wahlrecht der Untertanen beim Ammann
und für die Urteilssprecher des Gerichts war be
schränkt, da die Bestellung dieser Ämter durch Zu
sammenwirken von Untertanen und Landesherren
erfolgte. Der Ammann blieb immer der Herrschaft
verantwortlich, in deren Namen er auch seine Kom
petenzen wahrnahm. Er stand zwischen Herrschaft
und Untertanen.
Die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schel
lenberg bildeten je eine Gerichts- oder Landsge
meinde. Jeder stand ein Landammann vor, der alle
zwei Jahre von den waffenfähigen Männern aus ei
nem Dreiervorschlag der Herrschaft gewählt wur
de. Der Landammann wurde gleich nach der Wahl
in Eid genommen und zur Ausübung der Blutge
richtsbarkeit bevollmächtigt. Er führte die Gerichts
verhandlung. In den Quellen wird er meist als Rich
ter bezeichnet. Neben ihm übten zwölf Beisitzer die
Funktion von Geschworenen aus. In den Quellen
werden sie Urteilssprecher oder Richter genannt.
Sie wurden ursprünglich wie die Ammänner von
der Herrschaft in ihr Amt berufen, welches sie auf
Lebenszeit innehatten. Dieser Bestellungsmodus
wurde wohl gleichzeitig mit der Einführung des Am
mannwahlrechts geändert, und die Urteilssprecher
wurden durch die Herrschaft aus einem Dreiervor
schlag der Landsgemeinde ernannt. Später erfolgte
24) Dopsch, S. 157; Ritter, Rupert.