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200 JAHRE GRUNDBUCH
(1809-2009)
200 Jahre Grundbuch
Eine Einführung
ARTHUR BRUNHART
Eine Ausstellung im Liechtensteinischen Landesmu
seum zeigte anhand von Dokumenten und Karten
einige Leitlinien der Entwicklung des Liechtensteini
schen Grundbuchs seit seiner Schaffung am 1. Ja
nuar 1809. Ebenso wurde in diesem Zusammen
hang die Geschichte der Landesvermessung gezeigt.
Seit der Katastervermessung 1865-1871 bildet ein
Grundkataster die Basis des Grundbuchs, das man
1809 als Bodenwertkataster angelegt hatte.
Am 12. Juli 1806 gründeten Napoleon und 16
Fürsten aus Südwestdeutschland den Rheinbund,
dem auch das Fürstentum Liechtenstein angehörte.
Die Länder des Rheinbundes erhielten formell die
staatliche Souveränität. Der Landesfürst nahm nun
alle Rechte der Staatsgewalt für sich in Anspruch, er
hatte die alleinige Kompetenz zur Machtausübung
im Inneren des Staates.
In Liechtenstein regierte damals Fürst Johann I.
von Liechtenstein, der als Reformer in die Geschich
te Liechtensteins einging. Er verfügte eine Fülle von
Neuerungen, vor allem in der Staatsverwaltung und
in der Rechtsprechung. Der Landsbrauch wurde
kurzerhand abgeschafft. Die bisherigen Verwal
tungsstrukturen hörten auf zu existieren. Liechten
stein wurde von einer Reformwelle überrollt, die
von der Bevölkerung nur schwer akzeptiert wurde.
Verschiedene Verordnungen und Zwangsvorschrif
ten stiessen auf Widerstand.
Auch die Einführung des Grundbuchs wurde als
schlimme Neuerung empfunden, auch weil falsche
Vorstellungen über die Aufgabe eines Grundbuchs
vorhanden waren. Im Grundbuch wurden nun alle
Grundstücke, alle Besitzer und ebenfalls die auf den
Grundstücken haftenden Schulden von Staats we
gen erfasst. Das Grundbuch schuf zugleich die
Grundlagen für die Besteuerung des Grundbesitzes.
Eigentumsrechte wurden geklärt und gesichert. Die
Einführung des Grundbuchs war ein schwieriger
und langwieriger Prozess, weil Urkunden oder
schriftliche Aufzeichnungen oft fehlten und die Ver
hältnisse in Lokalaugenscheinen erhellt werden
mussten. Das Grundbuch spielt als Instrument der
Rechtssicherheit eine wichtige Rolle.
Vom 15. Mai bis zum 4. Oktober 2009 präsentier
te das Landesmuseum eine Ausstellung zum Thema
«200 Jahre Grundbuch». Sie zeigte die wichtigsten
Entwicklungslinien des Liechtensteiner Grund
buchs seit seiner Schaffung am 1. Januar 1809 und
die Rolle der liechtensteinischen Landesvermes
sung seit 1865.
Der Anfang der Ausstellung markierte eine gros
se Altkatasterkarte Triesenbergs aus dem Jahre
1865, auf der die seitherigen Veränderungen der
Siedlung optisch sichtbar gemacht sind. Erste aus
gestellte Apparate wiesen auf den Zusammenhang
der Vermessung mit dem Grundbuch hin. Der Ein
gangsbereich präsentierte ebenfalls ein Wandbild
des Roten Hauses in Vaduz sowie den entsprechen
den Originaleintrag im Grundbuch, ergänzt durch
die zum Jubiläum geschaffenen Briefmarke und den
Altkatasterplan von Dorf, Schloss und Amtsquartier
Vaduz.
Die Ausstellung im Hauptraum zeigte Karten und
Dokumente sowie Vermessungsinstrumente aus
den Sammlungen des Landesmuseums und aus Pri
vatbesitz. Ein zentrales Exponat war das bis 1923
gültige Grundbuchpatent vom 1. Januar 1809. Ge
mäss Artikel 1 des Grundbuchpatents von 1809
musste das Oberamt über alle «untertänigen unbe
weglichen Güter, Gründe, Rechte und Dienstbarkei
ten in der möglichst kürzesten Frist eigens dazu ge
widmete Grundbücher errichten und her stellen».
Laut Artikel 2 bestand das Grundbuch aus zwei Tei
len, dem «eigentlichen Grundbuch» und dem «Ur
kundenbuch». Das Grundbuchpatent vom 1. Januar
1809 wurde, wie es dort heisst, erlassen «aus lan
desväterlicher Fürsorge für unsere getreuen Unter
tanen und um ihnen einerseits den Besitz ihres Ei
gentums, andererseits aber auch die Rechte der
Gläubiger auf eine gesetzmässige Art zu versi
chern».
Die Bevölkerung wehrte sich anfangs gegen die
Einführung des Grundbuchs. 1812 übernahm
Liechtenstein das österreichische Allgemeine Bür
gerliche Gesetzbuch, welches Grundbuchrecht ent
hielt. Informiert wurde auch über die Personen, die
hinter dem Grundbuch standen, und über die recht
lichen Grundlagen, auf denen das Grundbuch be
ruht.