GESCHICHTE DES LAIENRICHTERTUMS IN
LIECHTENSTEIN / ALOIS OSPELT
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Einleitung
GEGENSTAND, AUFTRAG
Die vorliegende Abhandlung zur Geschichte des Lai
enrichtertums in Liechtenstein ist im Auftrag der
Regierung entstanden. Sie soll die historische Ent
wicklung aufzeigen, welche zur heutigen Lösung in
der liechtensteinischen Gesetzgebung geführt hat,
und die Gründe für die heutige Lösung darstellen.
Insgesamt soll eine Würdigung des Laienrichter
tums in Liechtenstein vorgenommen werden. Der
Auftrag der Regierung geht zurück auf eine im Rich
terauswahlgremium in seiner Sitzung vom 30. Mai
2007 geführte Grundsatzdiskussion über die Laien
richterinnen und Laienrichter in Liechtenstein. Da
bei wurde gewünscht, im Hinblick auf ein besseres
Verständnis für den Einsatz der Laienrichterinnen
und Laienrichter und im Hinblick auf künftige Ent
scheidungen in dieser Frage, die Geschichte des Lai
enrichtertums in Liechtenstein durch einen Histori
ker aufarbeiten zu lassen. 1
Laien sind bis heute in die Rechtspflege in Liech
tenstein integriert. Wenn nun auf behördlichen
Wunsch den Grundmotiven des Laientums im Rich
teramt im Spiegel der historischen Entwicklung
nachgegangen werden soll, steht dahinter wohl die
Frage, ob und wie weit die Laienrichtertradition
noch zeitgemäss ist. Die aktuelle Laienbeteiligung
steht zur Diskussion. Die historische Begründung
der Mitwirkung von Laien im gerichtlichen Verfah
ren soll kritisch hinterfragt werden. In diesem Sinne
versteht sich der folgende Aufsatz auch als Beitrag
zu dieser Diskussion und zu einer noch zu leisten
den umfassenden Untersuchung der Erfordernisse
und Möglichkeiten einer funktionsgerechten Mitar
beit von Laien. Grundlage einer solchen Untersu
chung und allfälligen Neuregelung laienrichterli
cher Beteiligung ist ihr rechtshistorischer Hin
tergrund und das Wissen um ihre geschichtliche Ent
wicklung. Traditionsgemässe gesetzgeberische Strö
mungen können nämlich bis ins geltende Recht
fortwirken. Rechtspolitik muss, will sie sich auf si
cherem Boden bewegen, auf der Basis des Beste
henden und Gewordenen gestaltet werden. Der
Blick zurück soll zum Verständnis des geltenden
Rechts beitragen und an die Bedeutung der Laien
beteiligung für die Gerichtsbarkeit heranführen.
1) Regierungsbeschluss 18. September 2007 (RA 2007/2225-1610).