Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2010) (109)

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chung für dieses Wort gibt. Vielmehr wird im ent 
sprechenden Artikel auf seine Herkunft aus rätoro 
manisch zapin hingewiesen. Weitere Wörter, von 
denen man erfährt, dass sie ihren Ursprung im Rä 
toromanischen haben sind etwa Murälli <Hund> (rä 
toromanisch murel <Halsband für Hunde und Kat 
zen)), Spuusa <Braut> oder Batzger <Hilfsbursche 
auf der Alp>. 
Das rätoromanische Wortgut haben die Triesen- 
berger nach ihrer Einwanderung von der altansäs 
sigen Bevölkerung übernommen, andere Fremd 
wörter sind aus dem Französischen oder Italieni 
schen eingeflossen. Die Anzahl dieser Wörter ist er 
staunlich gross: Ferchanz <frei von der Arbeit) (frz. 
vacances <Ferien)), supäärt <ausgesprochen schön) 
(frz. superbe), Turmenta <Eigenheiten, komische 
Gewohnheiten) (ital. tormento <Plage, Qual, Nerven 
säge)), tuschuur <immer, andauernd) (frz. toujours), 
grampoola <Lärm machen) (frz. caramboler <zu- 
sammenstossen)) oder parla unverständlich re 
den) (ital. parlare, frz. parier) sind nur wenige, 
ganz zufällig ausgewählte Beispiele für Wörter der 
Triesenberger Mundart, die nicht deutschen Ur 
sprungs sind. 
In seiner Sammlung bemüht sich Herbert Hübe 
aber nicht nur bei Fremdwörtern, die Herkunft der 
Stichwörter anzugeben, sondern fallweise auch 
beim deutschen Wortgut. Hier leistet die Nennung 
der mittelhochdeutschen Wortform einen doppelten 
Dienst. Der Vergleich mit der rund eintausend Jahre 
älteren Form zeigt einerseits, welche alten Wörter 
sich über viele Jahrhunderte erhalten haben und er 
zeigt andererseits, ob und wie das Wort sich in der 
Mundart von Triesenberg verändert hat. Das alte 
Triesenberger Wort für einen Holzbohrer lautet 
Nägwer. Aus mittelhochdeutscher Zeit ist es als na- 
beger überliefert. Ärischt <Ernsthaftigkeit) hiess 
mittelhochdeutsch (mhd.) ernest, Bildara <Zahn- 
fleisch) gehört zu mhd. büren, gauma <Kinder hü 
ten) stammt aus mhd. goumen, geechzoornig jäh 
zornig) hiess mhd. gaechzornic, Migga <süssliches 
Weissbrotgebäck) kommt von mhd. micke <kleines 
Brot), Sila <Hosenträgen gehört zu mhd. sile und 
schlems <schräg, diagonal) zu mhd. slimbes <schief). 
Zahlreiche Wortartikel der Triesenberger Wör 
tersammlung sind mit Satzbeispielen ausgestattet 
und illustrieren so die Verwendung und Einbettung 
der Stichwörter in der gesprochenen Sprache. Oft 
sind es stehende Wendungen, Redensarten oder 
Sinnsprüche. Auch hier kann eine Auswahl nur an 
deuten, welche Fundstücke sich auf den eng be 
druckten Buchseiten verbergen: A ma Helaga tuad 
ma kä Wüsch uf d Hengi <an einem hohen kirchli 
chen Sonntag hängt man keine Wäsche auf). Oder: 
Wenn ma eim ättas Schlächtsch wünscha wett, de 
weer s ds Vergnüaga a baram Gääld, an bööscha 
Nachpuur und as Hüüsli aani Fach <wenn man je 
mandem etwas Schlechtes wünschen wollte, dann 
wäre es das Vergnügen an barem Geld, einen bösen 
Nachbarn und ein kleines Haus ohne Dach). Oder: 
Moorgaträga und Wiiberwee sind am Nüüni niana 
mee <Regen am Morgen und das Jammern von 
Frauen sind bis 9 Uhr schon vorbei). Oder: A Liecht- 
mäss sött no di besser Hälfti vam Heustogg umma 
sii <an Lichtmess (2. Februar) sollte noch die (quali 
tativ) bessere Hälfte des Heuvorrates verfügbar 
sein). Oder: Liaber an Luus uf am Chruud f as gar käs 
Fleisch dieber eine Laus auf dem Kraut, als gar kein 
Fleisch). Oder auch: Vor a Schindlatanna und ara 
mälcha, guata Chua sött ma dr Huad lüpfa <vor ei 
ner Schindeltanne und einer guten Kuh, die viel 
Milch gibt, sollte man grosse Achtung haben). Und 
zahlreich sind auch Kinder- und andere Reime wie 
zum Beispiel: MichheltU Machheltl brunzat i ds 
Chachhelti ds Chachhelti rinnd, ds Michhelti stingt. 
Oder: Um und um sind d Läda zua, und um und um 
gid s Meitla gnuag, und wem a will di schönschta 
druus, muas ma haltga Fromahus. 
Diese Sätze sind wie Schlaglichter in die Volks 
kunde. Sie lassen erahnen, wie die Menschen am 
Bäärg gelebt haben und welche Wertvorstellungen 
ihr Zusammenleben prägten. Sie zeigen oft auch wie 
prägnant die Einheimischen Sachverhalte auszu 
drücken wussten. Diese Sätze aus dem Leben der 
Triesenberger werten die Wörtersammlung zusätz 
lich auf. Schade, dass man sie bisweilen etwas su 
chen muss. Schade, dass nicht noch weit mehr von 
ihnen Eingang in Herbert Hilbes Werk gefunden ha 
ben.
	        

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