FÜRSTLICHER BAURAT KARL HARTMANN
1921 BIS 2009 / WALTER WALCH
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seitige Beratungstätigkeit für Gemeinden und Re
gierung, die Mitarbeit in Kommissionen und nicht
zuletzt die Führung des stets grösser werdenden
Amtsbereiches führten zu einer zunehmenden Be
lastung des Bauamtsleiters. Das zehrte an seiner
Gesundheit. Karl Hartmann war ausserordentlich
Reissig und gewissenhaft. Er arbeitete bis spät
abends und oft auch an Samstagen. Der Charakter
von Karl Hartmann war auf Ausgleich gerichtet. Er
war ein stiller Kämpfer für die Sache, konnte und
wollte bei Konflikten aber nicht streiten. Konflikte
gab es aber zunehmend mehr, sei es im Bereich des
Baurechtes mit Bauherren, Juristen und Fachleu
ten, sei es bei Bodenauslösungen mit Grundeigentü
mern oder auch bei der Führung und Begleitung der
Mitarbeiter des Bauamtes. Bei seiner vornehmen
Zurückhaltung setzte er auf Ausgleich, auf Verhand
lung, auf die Vernunft des Gegenübers. Das laute
Wort war nicht seine Art. Für alle vorbildhaft war
seine unbedingte Loyalität gegenüber Staat, Regie
rung und Amt.
Karl Hartmann nahm in seiner langen Laufbahn
viele komplexe Projekte seines umfangreichen Auf
gabengebietes in Angriff. Zur Bewältigung dieses
Aufgabenbereiches hatte er in den 1970er Jahren
eine neue Struktur des Bauamtes entwickelt und
eingeführt. So wurden eine Hochbauabteilung und
eine Tiefbauabteilung eingerichtet, mit kompeten
ten Fachleuten besetzt und mit einer Bauadminis
tration ergänzt. Er hat in seiner Amtszeit, begin
nend mit der Realschule Eschen, viele staatliche
Hochbauten realisiert. Auch konnte er die Ver
kehrsinfrastruktur in vielen Bereichen den gestiege
nen und zu erwartenden Anforderungen anpassen.
Aber gerade im Strassenbau wurde das gesell
schaftspolitische Klima zunehmend schwieriger.
Obwohl jeder Auto fährt, verweigert man sich dem
Strassenbau; man will zwar unbehindert verkeh
ren, will jedoch weder Boden für den Strassenaus-
bau abgeben noch will man Lärm, Abluft oder Ge
fährdung. Zunehmend fehlte die politische Unter
stützung dieser begründeten fachlichen Anliegen
des Bauamtsleiters. Insbesonders im Strassenbau
war er Vordenker, der seiner Zeit einschliesslich der
heutigen voraus war. Mit seinen verkehrspoliti
schen Visionen und Projekten wollte er dazu beitra
gen, dass Liechtenstein auch zukünftig ein attrakti
ver, gut erreichbarer, lebenswerter und wirtschafts
freundlicher Lebensraum bleibt.
ANERKENNUNG
Als Anerkennung dieser Bemühung und seines Ein
satzes für Liechtenstein hat ihn die Regierung im
Jahre 1969 mit dem Titel «Landesingenieur» ausge
zeichnet. Er war der erste und gleichzeitig auch der
letzte Amtsleiter, der diesen Titel getragen hat. Mit
dem Ausscheiden aus dem Landesbauamt wurde
dieses in zwei eigenständige Ämter für Hochbau
und Tiefbau aufgegliedert. Der Titel des Landesin
genieurs ehrte und freute ihn sehr, da diese Aus
zeichnung seine in vielen Bereichen vorausdenken
de und «ingenieuse» Tätigkeit als Bauamtsleiter
treffend umschrieb. Im Jahre 1976 verlieh ihm
Fürst Franz Josef II. das Komturkreuz des Fürstlich-
Liechtensteinischen Verdienstordens, um derart
seinen Einsatz für Liechtenstein öffentlich zu würdi
gen. 1986 verlieh die Leopold-Franzens-Universität
in Innsbruck dem Landesingenieur Karl Hartmann
das Ehrenzeichen der Universität für besondere
Verdienste um die Förderung der wissenschaftli
chen und kulturellen Aufgaben der Universität. Im
Jahre 1989 zeichnete das Fürstenhaus Karl Hart
mann mit dem Titel des Fürstlichen Baurates aus.
Diese öffentliche Anerkennung freute Karl Hart
mann, änderte aber nichts an seiner stillen und vor
nehmen Wesensart. Mit Karl Hartmann ist eine
grosse Persönlichkeit gestorben, deren Ideen zum
Verkehr und zur Verkehrspolitik aber auch zu einer
ganzheitlichen Raumentwicklung Liechtensteins
gültig bleiben. Sie könnten eine der wichtigen Leitli
nien für die künftige Politik zum Wohle unseres Lan
des sein.